Das qualvolle Sterben der Anna P

Im Sommer 2014  wandte sich eine Krankenschwester aus Bayern mit einem Bericht  an uns, den wir nicht beiseite legen konnten.  Zu diesem Zeitpunkt hatte sie bereits den Dienst in der Einrichtung in Thüringen quittiert und eine neue Stelle in Aussicht.   Jedoch die Bilder dieser leidenden Heimbewohnerin  bekommt sie nicht aus dem Kopf.   Vor allem jedoch belastet sie, sich nicht nachdrücklicher für diese Bewohnerin eingesetzt zu haben.  Obschon sie, wie keine andere in der Einrichtung, immer wieder an ihre Vorgesetzten und die Betreuerin herangetreten war.  Dabei bekam sie u.a. zu hören: „Was regst du dich so auf, es ist doch nicht deine Mutter.“ Alleine aus dieser Bemerkung lässt sich auf die Haltung der Verantwortlichen schließen.  Letztlich scheiterte sie mit ihren Bemühungen an der Ignoranz der Betreuerin und Vorgesetzten. Uns hat diese Anzeige von unterlassener Hilfeleistung  und Missachtung elementarer Grundrechte  einer alleinstehenden alten Frau,  veranlasst, einen Anwalt zu beauftragen, Strafantrag bei der zuständigen Staatsanwaltschaft  zu stellen. Das Verfahren läuft noch.   Außerdem haben wir diesen Fall den Medien bekannt gegeben.  Ulrich Hagmann und Rüdinger Kronthaler und von Report München haben sich des Themas angenommen und stellen außerdem  eine weitere Anzeige vor, die eines Krankenpflegers, der  eigenmächtig Schmerzmittel höher dosiert hat, wenn er das Leiden nicht mehr mit ansehen konnte.  Angesichts der  üblicherweise in den Medien  geführten  Sterbehilfediskussion, wobei immer wieder beton wird, dass in Deutschland  niemand Angst vor dem Sterben haben muss, weil ja alles getan werde um Schmerzen zu verhindern, sticht dieser Beitrag heraus.

Sehen Sie hier die Sendung mit dem Titel  hilflos und überfordert,  vom  13.Januar 2015, 21:45 Uhr,  in der ARD . Lesen Sie hier den Bericht: Das qualvolle Sterben der Anna P

Mit diesem Bericht und anderen haben wir außerdem Einfluss auf die öffentliche Diskussion zum Sterben in Deutschland, zu nehmen versucht, zuletzt mit  folgendem Schreiben an  die frühere Bischöfin der evangelischen Kirche, Margot Kässmann:  Mail_Margot_Kaessmann_Sterben_Dez.2014

Januar 2016: Information zu Strafverfahren

Unser Strafantrag, eingereicht im Sept. 2014 bei der Staatsanwaltschaft Ingolstadt, hat zu umfänglichen Ermittlungen geführt.  So stellten sich während der Zeugenbefragungen  weitere schwerwiegende Deliktfälle mit Todesfolge heraus, durch die sich die Staatsanwaltschaft  veranlasst sieht, gegen weitere Personen  zu ermitteln.  Die Akte umfasst 540 Seiten, überwiegend Befragungsprotokolle von Mitarbeitern der Einrichtung.  Wobei deutlich wird, dass die Mitarbeiter, die noch in der Einrichtung beschäftigt sind, im Sinne der Heimleitung aussagen. Vermutlich und in einem Falle ganz offensichtlich, hat es vorher Absprachen gegeben.   Dennoch lassen sich vereinzelt auch daraus Bestätigungen für die  von anderen Pflegekräften angezeigten Tatbestände erkennen.   Vor allem in dem Fall einer  Bewohnerin, die in der Früh mit dem Gesicht im Kissen liegend Tod vorgefunden wurde, verdichteten sich die Hinweise auf grob fahrlässiges  Verhalten der  Nachtwache. Dieser wurde  allgemein eine recht „spezielle“,  grobe Art im Umgang mit den Bewohnern bescheinigt.  So habe sie bei unruhigen Bewohnern,  deren Arme in den Pflegeoverall gesteckt, also ganz eng am Körper fixiert, vergleichbar einer Zwangsjacke. Bei der erstickten Bewohnerin habe sie das häufiger gemacht. Nach allen Aussagen liegt die Vermutung nahe, dass diese Frau, mit straff an den Körper gebundenen Armen, von der Seitenlage, in die sie laut Protokoll gelagert wurde, nach vorne gekippt ist, mit dem Gesicht ins Kissen. Offenbar hat sie mit aller Kraft versucht sich aus dieser Lage zu befreien. Das würde jedenfalls erklären warum  ihr Gesicht blutig verschmiert war und sie entsetzlich ausgesehen habe. Es muss ein sehr qualvoller Tod gewesen sein.

pflegeoverallDas von der Staatsanwaltschaft in Auftrag gegebene rechtsmedizinische Gutachten, fand die Angaben in den Akten nicht ausreichend um daraus  strafbares Handeln zweifelsfrei abzuleiten.  Allerdings erweckt dieses  Gutachten den Anschein, als habe der Gutachter keine Ahnung von den Abläufen in Pflegeheimen. Man müsste ihn einmal in einen solchen hinten mit einem Reißverschluss versehenen, reißfesten Pflegeoverall stecken (siehe Abbildung). Wobei die Arme jedoch nicht, wie vorgesehen durch die Armlöcher gesteckt sondern am Körper anliegend fixiert werden. Die angezeigte Nachtschwester hat  in ihrer Aussage nicht einmal bestritten,  unruhige Bewohner auf diese Weise im Bett gehalten zu haben. „Die Hände hätten jedoch immer rausgeschaut“, erklärte sie wörtlich.  Dabei stellte sich mir sofort die Frage, wie das technisch möglich sein kann.

Während der Staatsanwalt und Kriminalbeamte vorbildlich und engagiert vorgegangen sind, wie wir es noch in keinem anderen Falle erlebt haben, lässt das Gutachten sowohl Sachkenntnis als auch Engagement vermissen.  Näheres können Sie meiner  Rückmeldung an den Leiter des Instituts  entnehmen: Rechtsmedizin-Gutachten.

Auf Grund dieses Gutachtens wurde das Verfahren Ende Dezember 2015 eingestellt.

Auch in anderen Fällen verlassen sich  Staatsanwälte und Richter auf fragwürdige Gutachten, wie dieser Film anschaulich zeigt.

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Nachtrag 20.Juli 2016:  Plusminus Beitrag:  Missstände im Pflegeheim: Warum Täter nur selten verurteilt werden.  Erstmals befasst sich eine Sendung mit einer der Hauptursachen für die immer wieder beklagten Rechtsverletzungen gegenüber pflegebedürftigen alten Menschen in Heimen, nämlich der Tatsache, dass die Täter davon ausgehen können, nicht zur Rechenschaft gezogen zu werden. 

2 Kommentare

  1. Ja, das habe ich auch alles erlebt. „MEINE“ Opfer sind durch die Hölle gegangen und ich mit. Ich hatte nichts zu sagen, weil ich keine Verwandte war. Mich hat der ganze Kummer 10 Jahre meines Lebens gekostet. Bis an mein Lebensende werde ich das Leid, das diesen Menschen angetan wurde nicht vergessen können. Der Verlust eines Traumhauses – Patientengerecht umgebaut – Verlust aller Wertgegenstände waren nicht das Schlimmste. Die Behandlung im Heim nebst Hausverbot für liebe Menschen, die sich liebevoll um die Opfer gekümmert haben. Das war kein Einzelfall. Es ist von den ca. 10 Betreuungskriminalfällen, die ich ziemlich nahe miterlebt habe nicht einen einziger Richter oder Betreuer oder Gutachter ( über den gab es in Report Maimz einen großen Bericht) alle haben fantastisch vom Geld der Opfer gelebt. Und in allen Fernsehanstalten wurde darüber berichtet – ich hatte allerdings den Eindruck – es wird nur über mittelgutes Wetter geredet –

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