Das Sozialministerium Rheinland-Pfalz hat auf unsere im November 2012 gestartete Kampagne „Klinik mit Geist“ reagiert und das Modellprojekt „Demenzkompetenz im Krankenhaus“ gestartet. Am 19. September 2014 wurden in Mainz die Ergebnisse dieses Projektes vorgestellt. Als Teilnehmerin dieser Veranstaltung war ich erfreut über das hohe Engagement aller Beteiligten, die das neue Verfahren als eine große Verbesserung beschrieben haben und in diesem Sinne weiter arbeiten wollen. Auch die inhaltlichen Ansätze erscheinen sinnvoll. Da sich das Verfahren mit relativ geringem Aufwand realisieren lässt, besitzt es gute Voraussetzungen, auch in anderen Krankenhäusern Eingang zu finden. Das Modell beruht im Wesentlichen auf vier Bausteinen:
1. Einem speziell entwickelten Screening – Verfahren, das von Pflegekräften mit relativ geringem Aufwand durchgeführt werden kann, ohne eine Diagnose zu stellen.
2. Qualifizierung von Mitarbeitern und Ehrenamtlichen, für die Andre Hennig zuständig war, der ganz offensichtlich bei den Mitarbeitern Überzeugungsarbeit geleistet hat.
3. Komunikationsstrukturen, Entlassungsmanagement/Vernetzung
4. Beratung zu strukturellen Veränderungen
Beachtenswert nicht zuletzt der Vortrag von Prof. Michael Isfort, vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung (dip), das eine Befragung zur Versorgungssituation von Menschen mit Demenz in Krankenhäusern und Kliniken durchgeführt hatte, siehe Pflegethermometer 2014. Damit lieferte er Zahlen und Daten, die bescheinigen, dass Krankenhausaufenthalte für Demenzkranke mit einem besonders hohen Risiko verbunden sind. Erst ganz wenige Krankenhäuser haben sich auf diese Patienten eingestellt Vor allem nachstehende Zahlen (s.Tabelle) müssten die Sozialministerien bundeweit alarmieren und deutlich machen, dass es mehr braucht als einzelner Modellprojekte, die ja oft auch nur kurzzeitig wirken. Wenn keine Gelder mehr fließen und die Krankenhäuser sich darüber hinaus nicht verpflichtet fühlen müssen in diesem Sinne weiterzumachen, kann nicht davon ausgegangen werden, dass ein Modell zur Regel wird.
Unerwünschte Vorkommnisse pro Jahr
Fallzahlschätzung, dip – Pflegethermometer 2014, Anzahl der Vorkommnisse im Jahr in Krankenhäusern in Deutschland
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5.600.000 Beobachtungsmängel von Patienten
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2.600.000 Gabe sedierender Medikation zur Ruhigstellung
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2.540.000 Anbringung beidseitiger Bettseitenteile
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500.000 Anbringung von Fixiergurten
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1.700.000 Entfernung periferer Venenzugang
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1.870.000 Entfernen von Verbänden (auch Pflaster)
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725.000 Sturz eines Patienten mit einer Demenzerkrankung
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538.000 Station verlassen und nicht alleine zurückfinden
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1.600.000 Mundpflege wegen Abwehrverhalten nicht durchgeführt
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1.476.000 Lagerung wegen Abwehrverhalten nicht durchgeführt
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950.000 unbeaufsichtigtes Aufstehen trotz diagnosebedingter Bettruhe
Hinter diesen Zahlen, die wir eher als vorsichtig geschätzt einstufen, verbergen sich Gefahren und Entwürdigungen schutzbedürftiger Menschen, die nicht einfach hingenommen werden dürfen. Abgesehen davon, verursachen diese „Vorkommnisse“ Kosten, die vermutlich deutlich höher liegen dürften, als die Schulungen von Mitarbeitern und die Schaffung von Rahmenbedingungen zum kompetenten Umgang mit diesen Patienten.
Ganz klar unterstreicht diese Studie unser Anliegen mit der Kampagne „Klinik mit Geist“. Insgesamt profitiert von solchen Einzelaktionen, jedoch lediglich ein Bruchteil der betroffenen Patienten. Für die überwiegende Mehrzahl von Patienten mit Demenz dürfte ein Klinikaufenthalt ähnlich negative Folgen haben, wie für die Tante des Herrn Lohest. Diese Erfahrungen an der Uniklinik Mainz, sowie eine weitere in Koblenz, veranlassten uns Ende 2012 die Kampagne „Klinik mit Geist“ zu starten. Da beide ausschlaggebenden Ereignisse in Rheinland-Pfalz stattfanden, sah sich der zuständige Abteilungsleiter des Sozialministeriums, Bernhard Scholten, in besonderer Weise zum Handeln aufgefordert. Anfang 2013 fand ein Gespräch in dessen Büro statt. Ich erfuhr, dass Prof. Fellgiebel schon vor Jahren auf die Problematik hingewiesen und ein Projekt für die Uniklinik Mainz geplant hätte. Das Projekt sei jedoch aus verschiedenen Gründen nicht realisiert worden. Da es nun einen gewissen Druck gab, in Form einer Fernsehsendung und der Veröffentlichung der Vorkommnisse auf dieser Seite, war es möglich Geld für dieses Projekt zu bekommen. Auf diesen eher peinlichen Auslöser wollten die Initiatioren wohl nicht hinweisen, während der Tagung. Aber immerhin hat der Pflege-SHV eine Einladung erhalten.
Oktober 2015: Abschlussbericht des Konzeptes
Sehr geehrte Frau von Stoesser,
ich finde es ja bemerkenswert, das dieses Kapitel aufgegriffen wird. Doch ist es wirklich so neu? Dieses Krankheitsbild ist schon ewig vorhanden. Geschichtlich wird vom Altersschwachsinn über den Flatus in Cerebrum, bis zur heutigen Demenz darüber gesprochen. Verändert hat sich wenig. Da die Krankenhäuser keinen Profit daraus schlagen können. Meist ist die Demenz als „Nebenerkrankung“ genannt. Das spiegelt sich natürlich im FPK, als auch im ICD Katalog wieder. Daher werden die „Grundkrankheiten“ behandelt, denn sie bieten das beste Kosten-Leistungsverhältnis. Die Leidtragenden sind Die Angehörigen!
Somit sind wir wieder bei den wirtschaftliche Gegebenheiten. Hier wären die Herren Gröhe und Laumann gefragt! Von denen werden sie keine aussagekräftige Antwort bekommen.
Statt solche gravierenden Probleme zu lösen…. geht es mal wieder aktuell um die PKW-Maut.
Möglicherweise geht es den Politikern nicht in den Kopf: Mir könnte das auch passieren. Nun gut, die haben finanziell ja ausgesorgt.
Mit freundlichen Grüßen,
Peter Weist