Warum sind die Heime in Rheinland-Pfalz schlechter und teurer als anderswo?

Eigentlich müsste die Frage lauten, warum geht die Landespolitik Meldungen von Missständen  nicht in der geboten Weise nach?  In jedem Falle, in dem sich Vorstand oder Mitglieder des Pflege-Selbsthilfeverband e.V., mit Beschwerdemeldungen an die Heimaufsicht (s. LWTG) und das Sozialministerium gewandt haben, stellten sich die zuständigen Personen hinter die Einrichtung.  In jedem Falle erlebten wir, dass den Angehörigen seitens der offiziellen Beschwerdestellen nicht geglaubt wurde.  Rheinland-Pfalz ist das Bundesland aus dem auch uns die meisten Beschwerden vorliegen. Darunter Fälle die so ungeheuerlich sind, dass man es kaum für möglich hält, wie der Fall der Hildegard B im Seniorenheim Linzer-Berg, über den ich intern vielfach schon berichtet habe.  Am Freitag nun, nachdem verschiedene Medien das Ergebnis einer neuen Analyse veröffentlicht haben,  reagiert die jetzt amtierende Ministerin Bätzing-Lichtenthäler aufgeschreckt. Damit hatte sie wohl nicht gerechnet. Schließlich gilt RLP als eines der fortschrittlichsten Bundesländer in Sachen Pflege; so jedenfalls in der Wahrnehmung der Landeschefin und langjährigen Sozialministerin Malu Dreyer.  Frau Dreyer hatte sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Sie wollte auf diesem Gebiet Vorreiterin sein, hat viele Projekte gefördert und sich  dafür eingesetzt,  das ihr Bundesland als erstes eine  Pflegekammer  bekommt.   Und nun dieses schlechte Zeugnis:

In Rheinland-Pfalz müssen Pflegebedürftige das meiste Geld für einen Platz im Heim bezahlen, gleichzeitig schneiden die Häuser dort am schlechtesten ab. Das hat eine Auswertung aller deutschen Pflegeheime ergeben, an der ein halbes Dutzend CORRECTIV-Reporter über Monate gearbeitet hat. Die bisher aufwändigste Analyse deutscher Pflegeheime berücksichtigt neben den umstrittenen Pflegenoten auch zahlreiche Daten der statistischen Landesämter und bisher nicht zugängliche Heimaufsichtsberichte.
Den gesamten Beitrag sowie weiteren Informationen siehe unter  correctiv.org

Uns wundert das schlechte Abschneiden der  Heime in RLP nicht.   Denn wie eingangs erwähnt, erleben Betroffene, die sich mit Beschwerden an Prüfbehörden und Landensregierung  wenden, dass nichts beanstandenswertes gefunden wird.  Sofern Angehörige oder Pflegemitarbeiter sich damit nicht zufrieden geben konnten, verständigte man sich darauf, dass diese  Angehörigen/Mitarbeiter zu den Personen  zählen, die man nicht ernst nehmen muss. Dazu vier Beispiele:

  1. Angehörige eines Pflegeheims in Mainz schließen sich in ihrem Protest zusammen. Beschwerden_9Angehoerige_2011
  2. Ein Pfleger fast seine Erfahrungen wie folgt zusammen: Rheinland Pfalz- ein Altenpfleger berichtet_2014
  3. Eine Heimbewohnerin bittet den Pflege-SHV um Hilfe: Helene_Kraemer-Bad Kreuznach-2015
  4. Selbst bei erwiesener Freiheitsberaubung  und schwerer Körperverletzung stellt die Heimaufsicht der Einrichtung eine Unbedenklichkeitsbescheinigung aus: Block-Mail-an Heimaufsicht-03.12.13

Bezogen auf die jüngsten Enthüllungen der Reporter von CORRECTIV, passt besonders gut, der Protest von Frau Deubig aus Germersheim, im Jahre 2012. Die Lokalpresse und auch das ZDF (WISO) berichteten darüber.   Auch diese Angehörige einer pflegebedürftigen Mutter, hat sich zunächst mit Beschwerden an die Leiterin des Caritasheimes gewandt, als diese abwiegelte, wandte sie sich an die LWTG-Prüfbehörde (früher Heimaufsicht), die ebenfalls keinen Handungsbedarf sah.  Daraufhin konfrontierte sie die kommunal- und landespolitisch verantwortlichen mit der Frage: Wie es sein kann, dass Bewohner nach dem Umbau rund 500 Euro mehr für den Heimplatz pro Monat bezahlen müssen, gleichzeitig jedoch, eine deutlich schlechtere Pflege erhalten als vorher.   Sie hatte sich mit anderen Angehörigen zusammengetan und eine Liste von Mängeln dargelegt, wie sie vorher nicht beobachtet wurden.  Das Personl wurde nämlich nicht aufgestockt und musste nach dem Umbau zum Teil doppelte Wege zurücklegen.   Entsprechend länger müssen die Bewohner vermutlich heute noch warten, bis ihnen geholfen wird.  Seitens der Heimleitung wurden alle Vorwürfe bestritten.  Diese warf den Angehörigen und dem Pflege-SHV  vor, mit den Veröffentlichungen einzig den Ruf der Pflege zu schädigen.  Nachdem das Fernsehen  dieses Beispiel aufgegriffen hatte, kam dann jedoch immerhin ein gemeinsamer Pflege-TREFF in Germersheim zustande, der vom Leiter der Abteilung für Pflege in RLP moderiert wurde.  Dabei bekamen wir  zwar Gelegenheit unsere Sicht der Dinge den anwesenden Funktionsträgern zu erklären, aber geändert hat dies im Ergebnis nichts.

2016 wurde das Landes-Wohn- und Teilhabegesetz (LWTG)  in RLP überarbeitet. In der jetzt gültigen Fassung findet man keine einzige Angabe zum Personalbedarf  in Heimen, weder qualitativ noch quantitativ. Wir vermuten, dass  Angaben zum Personalschlüssel deshalb nirgendwo mehr öffentlich zugängig sind, um den vielen die sich über Personalmangel beschweren und nachzurechnen versuchen, wieviel Personal in Heimen vorgehalten werden muss, keine  Anhaltszahlen vorzulegen.   Jetzt darf man gespannt sein, ob die neue Sozialministerin, Sabine Bätzing-Lichtenthäler das Problem bei den Wurzeln packen kann, wenn sie denn will.

Das Reporterteam von CORRECTIV, mit dem auch der Pflege-SHV zusammenarbeitet,  will hier am Ball bleiben und fortlaufend über die weitere Entwicklung in der Pflege berichten.

Hinterlasse jetzt einen Kommentar

Kommentar hinterlassen

E-Mail Adresse wird nicht veröffentlicht.


*