Pflege-Personalberechnung: Streng geheim und unergründlich

Der Titel dieses Beitrags könnte ebensogut lauten:  Wie auf dem Rücken der Pflegekräfte und Bewohner Gewinne erwirtschaftet werden!

Ein Beispiel:

Hilferuf einer Wohnbereichsleiterin, Nov. 2005

Hilfe wir können nicht mehr!!!

Guten Abend, Ihnen schreibt, bitte streng vertraulich behandeln, eine Wohnbereichsleitung aus NRW, vorerst unter einem Nicknamen.

Ich leite einen Wohnbereich mit 31 Bewohnern, Pflegestufen sind wie folgt verteilt:

Stufe 0 –  3  Bewohner/innen
Stufe 1 – 17 Bewohner/innen
Stufe 2 –  8  Bewohner/innen
Stufe 3 –  3  Bewohner/innen

dazu das Personal:

3 examinierte Fachkräfte 100%
1 examinierte Fachkraft 50%
2 Pflegeassistentinnen 78%
1 Pflegeassistentin 26%.

Nach einem Gespräch mit einer Pflegeberaterin, welche von der Geschäftsführung in unser Haus geholt wurde, erfuhren wir heute, dass wir noch 2 Stellen an Mitarbeitern ZUVIEL hätten!

Die Arbeit ist so schon kaum zu schaffen, Hauptsache die Planung steht und der Leistungsnachweis ist ausgefüllt, dass wir aber die Bewohner in Rekordzeiten von nicht einmal 10 Minuten bei einer Pflegestufe 3 grundpflegen, interessiert niemanden.

Ausgefüllte Formulare und Trinkprotokolle sind wichtiger als die Zeit am und für den Bewohner selbst.

Besprechungen noch und nöcher, bei denen sowieso nichts rumkommt, was nur die Zeit für den Bewohner wegnimmt.

Mitarbeiter, welche bewusst Gewalt anwenden, indem sie die Bewohner überhaupt nicht waschen, werden ungestraft geduldet.

Pflege, welche am Wochenende mit 2 Pflegekräften für 31 Bewohner durchzuführen ist, ist definitiv gefährliche Pflege!

Ich als Leitung dieses Wohnbereiches tue mit meinen Mitarbeitern alles, was wir können, doch nun ist das Maß voll. Wir wollen uns wehren und hoffen auf Ihre Hilfe.

Das Bestreben nach vollen Kassen darf doch nicht Grundlage der Altenpflege sein!


Kommentar A.v. Stösser zur Personalberechnung in Pflegeeinrichtungen

Die Richtwerte zur Personalberechung sind nicht nur von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich, diese Richtwerte werden nach Gutdünken des jeweiligen Heimbetreibers außerdem unterschiedlich gehandhabt. Wie diese Unterschiede rechnerisch und argumentativ jeweils zu Stande kommen, soll hier nicht weiter vertieft werden. Unstrittig ist, dass Einrichtungen nur dann Gewinne erwirtschaften können, wenn die Einnahmen über die monatlichen Beträge der Bewohner höher sind, als die Ausgaben. Da die Personalkosten die am stärksten zu Buche schlagenden Ausgaben sind, versuchen Einrichtungen so knapp wie irgend möglich und noch vertretbar zu kalkulieren. Findige Unternehmensberater und „Rechtsverdreher“ helfen nicht selten dabei, das Einsparpotential in der jeweiligen Einrichtung auszuloten und Personalschlüssel wie den o.g. zu rechtfertigen. Dem Pflegedienst gewährt man in solchen Fällen weder Einblick in die Personalberechnung noch werden deren Belastbarkeitsgrenzen berücksichtigt. Es gibt in der Tat Betriebsleiter von Pflegeeinrichtungen, die einzig und alleine an Gewinnmaximierung interessiert sind, die Hilferufe von Pflegekräften, Beschwerden von Angehörigen und Gefährdungen von Bewohnern völlig kalt lassen. Um ein solches Heim handelt es sich hier offenbar.

Pflegedienstleitungen und Wohnbereichsleitungen haben auch deshalb in solchen Fällen argumentativ häufig die schlechteren Karten, weil sie nicht wissen, wie viel Personal laut welcher Richtwerte in ihrem Bereich vorgehalten werde müsste. Dabei reicht ein handelsüblicher Taschenrechner und einige Eckdaten, um den Pflegepersonalbedarf auszurechnen. Dazu bedarf es keiner komplizierten Erhebungsverfahren aller PLAISIR und auch keiner Studien oder kaum nachzuvollziehender Faktoren, die in bestimmten Fällen an oder um oder abzurechnen wären. Vielmehr würde es genügen, sich an den Zeiten zu orientieren, wie sie im Pflegeversicherungsgesetz (§ 15 SGB XI) für die Einstufung zu Grunde gelegt werden:

Zeitlicher Unterstützungsbedarf pro Pflegestufe /Tag :

Pflegestufe 1 : 90 Min. Gesamtzeitbedarf – davon 45 Min. für Grundpflege

Pflegestufe 2: 180 Min. Gesamtzeitbedarf – davon 120 Min. für die Grundpflege

Pflegestufe 3: 300 Min. Gesamtzeitbedarf – davon 240 Min. für die Grundpflege

Der Gesamtpflegezeitbedarf umfasst neben der Grundpflege auch hauswirtschaftliche Versorgungsleistungen sowie therapieunterstützende Maßnahmen. Nicht berücksichtigt wurden Zeiten für Zuwendung, Überwachung und Begleitung in besonderen Lebenslagen, wie z.B. bei Menschen mit Demenz, die meist einen sehr viel höheren Unterstützungsbedarf habe, als ihnen über die derzeitige Regelung von der Pflegeversicherung zuerkannt wird.

Personalberechnung, für jeden leicht verständlich:

Schritt1 : Errechnung der anfallenden Pflegestunden in oben genanntem Wohnbereich, pro Tag und Woche, ausgehend vom Zeitfaktor pro Pflegestufe, der als Richtwert für die Einstufung gilt.

Pflegestufe 1 = 90 Min/1,5 Stunden (Zeitbedarf pro Tag) x 17 Bew. = 1.530 Min./ 25,5 Std.

Pflegestufe 2 = 180 Min/ 3 Stunden x 8 Bew. = 1.440 Min./ 24 Std.

Pflegestufe 3 = 300 Min./ 5 Stunden x 3 Bew. = 900 Min./ 15 Std.

3.879 Min/ 64,5 Std./Tag

Somit liegt in diesem Wohnbereich ein täglicher *Pflegezeitbedarf von 64, 5 Std. vor. (*Pflege beinhaltet bekanntlich mehr als nur körperliche Grundversorgung, gemeint sind alle Leistungen die direkt am oder für den Pflegebedürftigen erbracht werden, also auch die Dokumentation, das Einräumen der Wäsche, Aufräumen des Zimmers, Aktivierungsmaßnahmen, Behandlungspflegemaßnahmen, Schutz vor Gefahren, Gespräche mit Angehörigen oder spezielle Problemintervention, etc. Nicht eingerechnet ist z.B. die Zubereitung der Nahrung, Waschen der Wäsche oder Gebäudereinigung, da diese in den Bereich der Hotel- oder Serviceleistungen fallen und die Kosten dafür dem Bewohner gesondert berechnet werden.)

Da die Arbeitszeiten des Personals üblicherweise auf die Woche ausgelegt sind, macht es Sinn, den Pflegezeitbedarf ebenfalls auf die Woche zu bemessen:

64,5 Std./Tag x 7 Tage = 451,5 Stunden Pflegezeitbedarf pro Woche, d.h. einschließlich Nachts und am Wochenende.

Schritt 2: Errechnung des Personalbedarfs in diesem Wohnbereich, ausgehend von einer 40 Stunden Woche, jedoch ohne Berücksichtigung von Urlaubs- und Krankheitszeitfaktoren.

451,5 Std. Pflegezeitbedarf : 40 Stunden Pflegemitarbeiterzeit = 11, 28 Vollzeitstellen
(Bei einer 38 Stunden Woche wären dies 11,88 Stellen also rund eine halbe Stelle mehr.)

Für die Urlaubszeiten und Ausfallzeiten rechnet man im Schnitt 20 Prozent hinzu (11, 28 x 0,20 = 2,25. Demnach wären 11,28 + 2,25 = 13,53 Vollzeitstellen für diesen Wohnbereich erforderlich. Davon sollten rund 7 Fachkräfte sein.

Das ist immer noch nicht üppig, wenn man bedenkt, dass davon etwa 4 Stellen an den Nachtdienst gehen müssten, also für den Tagdienst bestenfalls eine Besetzung von 4 MitarbeiterInnen pro Früh-/Spätdienst bleiben. Eine Pflegekraft würde demnach in ihrer Dienstzeit 7-8 Bewohner betreuen, das ist überschaubar und auch mit zufriedenstellenden Ergebnissen leistbar. Wenigstens könnte bei solch einem Stellenschlüssel einigermaßen sichergestellt werden, dass pro Schicht 3 Mitarbeiter auch an den Wochenenden da sind, ohne dass ständig jemand einspringen muss der eigentlich frei hätte. Bei meinen Beratungen bin sich von diesen Zahlen/Berechnungen ausgegangen. Denn mit allem, was darunter liegt, bewegt sich die Einrichtung auf einem zu knapp kalkulierten Grad, wo sie oft mit Aushilfen und „Springern“ hin und her jonglieren muss, was auf Kosten einer kontinuierlichen Betreuung geht. Eine Arbeitsorganisation nach dem Bezugspflegesystem setzt ein gewisses Maß an Kontinuität voraus. Kann dieses nicht gewährleistet werden, kommt es unweigerlich zum Rückfall in ein funktionalistisches Ablaufschema. Dieser Stellenschlüssel wäre in vorliegendem Falle eine Mindestforderung, eine Grundvoraussetzung dafür, dass den individuellen Bedürfnisse der pflegebedürftigen Bewohner in wichtigen Teilen entsprochen werden kann, ohne dass sich die Mitarbeiter vollkommen verausgaben müssen.

Betrachten wir nun die tatsächliche Personalsituation im oben beschriebenen Wohnbereich :

3 Pflegepersonen je 100% (40 Stunden/Woche) = 120 Stunden

1 Pflegeperson 50 % = 20 Stunden

2 Pflegepersonen je 78 % (rund 30 Stunden/Woche) = 60 Stunden

1 Pflegeperson 26 % ( rund 10 Stunden/Woche) = 10 Stunden

210 Stunden/Pflegepersonalzeit/Woche

Für den Tagdienst stehen diesem Wohnbereich umgerechnet 5,25 Vollzeitstellen zur Verfügung, das reicht nicht einmal um die Hälfte des Pflegezeitbedarfs von 451,5 Stunden zu decken. Wenn wir, was bei der Personalpolitik dieses Hauses kaum angenommen werden kann, 3 volle Stellen für den Nachtdienst hinzurechnen, bliebe immer noch eine Differenz von fast 4 Stellen , die zu wenig wären. Nach Kalkulation des Heimbetreibers bzw. der Beraterin hingegen, könnten in diesem Wohnbereich sogar zwei Stellen eingespart werden. Einem solchen Berater müsste man im Grunde Berufsverbot erteilen. Und Heimbetreibern die sich darauf einlassen oder das sogar fordern, ebenfalls.

Selbst wenn wir den in NRW (Nordrheinwestfalen) geltenden Personalberechnungsschlüssel nehmen, der unter dem von den Pflegekassen (MDK) und der Pflegeversicherung vorgegebenen Zahlen liegt, wäre die Differenz immer noch recht groß. Ich stelle hier vergleichsweise die von Frau Nies, Pflegesachgutachterin, anhand der NRW und MDK Zahlen ermittelten Ergebnisse vor:

Personalschlüssel NRW Wohnbereichbeispiel

Stufe 0 : 1 Pflegekraft für 8 Bewohner umgerechnet auf 3 Bew. = 0,38 Stellen

Stufe I: 1 Pflegekraft für 4 Bewohner umgerechnet auf 17 Bew. = 4,25 Stellen

Stufe II: 1 Pflegekraft für 2,5 Bewohner umgerechnet auf 8 Bew. = 3,2 Stellen

Stufe III: 1 Pflegekraft für 1,8 Bewohner umgerechnet auf 3 Bew. = 1,7 Stellen

9,53 Stellen
Personalschlüssel MDK Wohnbereichsbeispiel

Stufe 0 : nicht berücksichtigt

Stufe I: 1 Pflegekraft für 3,16 Bewohner umgerechnet auf 17 Bew. = 5,4 Stellen

Stufe II: 1 Pflegekraft für 1,46 Bewohner umgerechnet auf 8 Bew. = 5,5 Stellen

Stufe III: 1 Pflegekraft für 1,09 Bewohner umgerechnet auf 3 Bew. = 2,75 Stellen

13,65 Stellen

In beiden Anhaltszahlen ist nicht beinhaltet eine ca. 10 %ige Steigerung aufgrund med. Leistungen, die die dem Bewohner von den Pflegekassen zugeschriebene Pflegezeit reduziert – also hier korrekter Weise hinzugefügt werden müsste. Demnach würden nach dem NRW Schlüssel 10,48 Vollzeitstellen und nach dem MDK-Schlüssel sogar rund 15 Stellen errechnet. Würde dieser Schlüssel bundesweit umgesetzt, würde sich die Lage in der Pflege mit Sicherheit deutlich spürbar verbessern.

Nicht zufällig kommt man mit dem MDK Schlüssel zu fast identischen Ergebnissen, wie nach der Methode, die ich bevorzuge. Dass ich diese stets gewählt habe, liegt daran, dass bei dieser Berechnung jeder Laie nachvollziehen kann, wie die Zahlen zustande gekommen sind. Der NRW Schlüssel ist im Vergleich dazu nur mit einem bestimmten Insiderhintergrundwissen nachvollziehbar. Mit dem in Bayern geltenden Schlüssel, käme man in unserem Beispiel auf 11,07 VZ Stellen.

Wenn Sie ausrechnen wollen, wieviel Personal Ihrem Wohnbereich zusteht, siehe: Personalberechnungs-Tabelle

Der Vollständigkeit halber sollten wir an dieser Stelle auch kurz die Einnahmenseite der Einrichtung betrachten. Denn Pflegekräfte lassen sich viel zu leicht ins Boxhorn jagen, weil sie immer wieder die hohen Personalkosten vorgehalten bekommen und sich fast noch schuldig fühlen müssen überhaupt ein Gehalt zu beziehen.

Einnahmen der genannten Einrichtung über die Pflegekassen:

Stufe I: 17 Bewohner x 1029 Euro Pflegeversicherungsgeld = 17.493 Euro

Stufe II: 8 Bewohner x 1279 Euro Pflegeversicherungsgeld = 10.232 Euro

Stufe III: 3 Bewohner x 1432 Euro Pflegeversicherungsgeld = 4.296 Euro 32.021 Euro

Diesen Betrag zahlen alleine die Pflegeversicherungen pro Monat für die Bewohner dieses Wohnbereichs.

Allgemein unterteilen sich die Kosten für einen Heimplatz in Pflegekosten, Hotelkosten und Investitionskosten. Statt dieser Unterteilung werden die Heimkosten jedoch immer häufiger in Tagessätzen ausgerechnet, in die alle üblichen Leistungen einbezogen sind: (Unterkunft, Verpflegung, Pflegeleistungen, Hauswirtschaftsdienste, Abschreibungen, bestimmte Gemeinschafts- und Serviceleistungen). Wie es teure und preiswertere Hotels gibt, finden sich im Preis-Leistungsangebot von Heimen ebenfalls große Unterschiede. Für unsere Beispielrechnung gehe ich von einem etwa durchschnittlichen Wert aus. Die tatsächlichen Tagessätze der betreffenden Einrichtung sind mir nicht bekannt:

Pflegestufe Tagessatz Monatlich (30,42Tage abz. Pflegekassenbeitrag Eigenanteil

Stufe 0, 65 Euro 1.977,30 0,0 1.977,30 Euro

Stufe 1, 78 Euro 2.372,76 1.023,00 1.349,76 Euro

Stufe 2, 93 Euro 2.829,06 1.279,00 1.550,06 Euro

Stufe 3, 106 Euro 3.224,52 1.432,00 1.792,52 Euro

Umgerechnet auf den Wohnbereich in unserem Beispiel:

Stufe 0, 3 Bewohner x 1.977, 30 = 5.931,90 Euro

Stufe 1, 17 Bewohner x 2.372,76 = 40.336,92 Euro

Stufe 2, 8 Bewohner x 2.829,06 = 22.632,48 Euro

Stufe 3, 3 Bewohner x 3.224,52 = 9.673,56 Euro

78.574,86 Euro Einnahmen WB / Monat

Pflegepersonalkosten bei 13,5 Vollzeitstellen und einem angenommenen Arbeitgeberpersonalkostensatz von durchschnittlich 3.000 Euro pro Pflegekraft (das Bruttogehalt von Vollzeit-Pflegemitarbeitern in diesem Bereich, liegt je nach Qualifikation und Funktion zwischen 1.200 und 4.000 Euro.)

13, 5 Pflegekräfte, davon 7 Pflegefachkräfte und 6,5 Pflegeassistenten

7 Pflegefachkräfte x 3500 Euro AGB = 24.500

6,5 Pflegeassistenten x 2500 Euro AGB = 16.250

40.750 Euro Personalkosten WB / Monat

Wie dieses Rechenbeispiel zeigen soll, würde bei diesem vergleichsweise angemessenen Stellenschlüssel etwas mehr als die Hälfe der Einnahmen für die Personalkosten aufgewandt werden müssen. Für Unterkunft/Verpflegung, Investition und sonstige Leistungen stünden noch 37.824 Euro zur Verfügung, das entspricht 1.220,13 Euro Monatsbeitrag für Hotelleistung und Investition pro Bewohner. Ein Betrag, mit dem sich Heime durchaus betreiben lassen, ohne in die roten Zahlen zu geraten.

Da die genannte Einrichtung tatsächlich jedoch nur rund 7 Vollzeitstellen (einschließlich Nachtwache) vorhält, hat sie Personalkosten von 21.000 Euro. Damit liegt sie um rund 11.000 Euro unter dem Betrag, den die Pflegekassen zahlen. Besagtes Heim streicht demnach Pflegeversicherungsgeld von 32.000 Euro ein, erbringt jedoch nur 65 Prozent der dafür vorgesehenen Pflegeleistung. Dies ganz bewusst und mit voller Berechnung. Eigentlich nennt man so etwas Betrug. Bei einem Handwerksbetrieb würde man das nie akzeptieren. Aber Heimbetreiber haben wegen solcher Delikte nichts zu befürchten. Nur deshalb kann eine solche Praxis überhaupt praktiziert werden. Gegenüberstellungen dieser Art sind unüblich, Mitarbeiter und Außenstehende haben normalerweise keinen Einblick in die Kostenbilanz ihres Heimes. Kaum ein Heim ist bereit, seine Zahlen und Fakten offen zu legen.

Wir als pflege-shv wollen und müssen uns hier einmischen. Denn es ist nicht hinnehmbar, dass Pflegekräfte verheizt werden, weil Heimbetreiber nicht bewohner- sondern gewinnorientiert wirtschaften.

Es ist nicht in Ordnung, dass pflegebedürftige Menschen oftmals wegen der hohen Heimkosten um Haus uns Hof gebracht werden und als Gegenleistung bestenfalls eine Schema F Versorgung auf unterstem Niveau erhalten.

Wir fordern eine für jeden Laien nachvollziehbare Transparenz, die Bewohner, Angehörige und Mitarbeiter verstehen können, sowie eine bewohner- und mitarbeiterorientierte Personalberechnung.

Zu den Heimkosten siehe auch die WDR Recherche:

http://www.wdr.de/tv/service/geld/inhalt/20040826/b_1.phtml

Kein Einzelfall: Mit dem Pflegequalitätssicherungsgesetzes (PQsG) wurden Leistungs- und Qualitätsvereinbarungen (LQV) getroffen, nicht zuletzt um nachprüfen zu können, ob ein Pflegeheim auch tatsächlich das über die anerkannten Personalberechnungswege ermittelte Personal bereitstellt. „Auf verlangen einer jeden Vertragspartei hat der Träger in einem Personalabgleich nachzuweisen, dass seine Einrichtung das in der LQV als notwendig und ausreichend erkannte Personal auch tatsächlich bereitstellt und bestimmungsgemäß einsetzt“ (§80a Abs 5 SGB XI-E). Wie wenig sich Leistungsträger daran gebunden fühlen, macht folgende Prüfung deutliche:

„Die finanzielle Dimension zeigt ein Personalabgleich, der im Frühjahr 2000 von einem Medizinischen Dienst in 22 Pflegeeinrichtungen durchgeführt wurde. Hierbei stellte sich heraus, dass in 18 Einrichtungen die vom MDK festgestellte personelle Besetzung im Pflege- und Betreuungsbereich nicht mit den in die Pflegesätze einkalkulierten Personalzahlen und -kosten übereinstimmte. Es ergaben sich folgende Abweichungen:

– in 8 Einrichtungen von bis zu 3 Vollkräfte

– in 6 Einrichtungen von 3,1 bis 9,9 Vollkräfte

– in 4 Einrichtungen von 10 Vollkräften und mehr

Eine vertragswidrige Unterbesetzung von 10 Vollkräften bedeutet, auf ein Jahr hochgerechnet, einen Erlös („windfall-profit“) von rund 800.000DM, dem keine entsprechende Leistung der Pflegeeinrichtung gegenübersteht.

Da muss man sich Fragen, was ein Gesetz wert ist, das ungestraft missachtet werden darf. Denn obwohl dieses von der AOK ermittelte und dokumentierte Ergebnis an entsprechenden Stellen bekannt gemacht wurde, hatte es für die betreffenden Einrichtungen keine Konsequenzen.


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