Viktoria S nach drei jährigem Freiheitsentzug auf dem Weg nach Hause

Viktoria S, ehemalige Heimbewohnerin der Pro-Seniore Residenz Freiburg, strahlt und kann es kaum fassen. Noch vor einer halben Stunde saß sie  mit einem Latzumhang am Esstisch im Wohnbereich dieser Einrichtung und wartet wie andere Mitbewohner auf das Mittagessen.  Da tauchte zu ihrer Überraschung Astrid S, eine Freundin, auf  und stellte ihr Adelheid von Stösser vor, die Vorsitzende des Pflege-Selbsthilfeverbandes.   Zwar wusste Viktoria S, dass ein neuer Anlauf ihrer Befreiung aus dem Heim geplant war. Richtig glauben konnte sie daran jedoch nicht mehr, nach den vergeblichen Bemühungen ihres Ehemannes und ihrer Freunde in den fast vier Jahren, die sie, gegen ihren immer wieder geäußerten Willen, in diesem Heim zubringen musste.  Um zu verhindern, dass Angehörige die Bewohnerin nach Hause entführen, hatte die Heimleiterin in Absprache mit ihren  BetreuerInnen, diverse Besuchsbeschränkungen durchgesetzt. Wer sich nicht daran hielt, bekam Hausverbot. So auch ihr neunzigjähriger Ehemann, der ebenso unter dieser erzwungenen Trennung gelitten hat.

Dieses Mal sollte es klappen, daran ließ zumindest Frau von Stösser keinen Zweifel aufkommen.  Sie hatte vereinsintern mit Fachleuten das Vorgehen geplant und entsprechende Vorbereitungen getroffen.  Hauptbestandteil dabei war diese Kündigung:  viktorias-kuendigung-heimvertrag, mit der die 91 jährige Heimbewohnerin an ihr Selbstbestimmungsrecht erinnert und  erklärt, das Heft ihres Lebens ab sofort wieder selbst in die Hand zu nehmen. Schon Tage vorher hatte sie  unterschrieben. Vor dem  Verlassen des Heimes  überreicht Viktora S der Heimleiterin dieses Schreiben, das ihr Selbstbewusstsein wieder zu neuem Leben erweckt hatte.  Draußen angekommen weicht ihre Anspannung. Sie strahlt und jubelt, wie auf diesem und vielen weiteren Fotos zu sehen ist.

Der Journalist, Harald Spies, hat die Heimkehr  der Viktoria S, in Wort und Bild dokumentiert.  Lesen Sie hier seine Reportage: Ein altes Ehepaar nach drei Jahren Trennung wieder vereint

Schauen Sie hier seinen  Filmbeitrag zum Ereignis am 23. November 2016:  Dem Pflegeheim entkommen.  


Nachtrag Dezember 2021: 
Am 26. November 2021 verstarb Viktoria S. – kurz vor ihrem 97jährigen Geburtstag – in ihrem Zuhause.  Bis wenige Tage vor ihrem Tod konnte sie mit wachen Sinnen am Leben teilnehmen; umsorgt von ihren „Freundinnen“, die ihr, fast auf den Tag genau, fünf Jahre zuvor aus der Gefangenschaft geholfen hatten.
Ihr Mann Heinz, der 2019 starb, habe, bis kurz vor seinem Tod, jeden Abend stundenlang an ihrem Bett gesessen,  ihre Hand gehalten und gemeinsam mit ihr Fernsehn geschaut oder Musik gehört.
„Jetzt sind sie wieder vereint.“, tröstet sich Helga F., nach dem Tod ihrer Dora.

Für unseren Verein ist dies nach wie vor die schönste Erfolgsgeschichte.  Viktoria S. wurde im hohen Alter von 93 Jahren auch in rechtlicher Hinsicht rehabilitiert, indem das Gericht ihrem Antrag auf Entlassung aus der Betreuung stattgegeben hatte.  Obwohl „Dora“ seit ihrem Schlaganfall weder schreiben noch in ganzen Sätzen sprechen konnte, war sie bis vor ihrm Tod unmissverständlich in der Lage ihren Willen zu bekunden.  Niemand in ihrem Umfeld wäre auf die Idee gekommen, eigenmächtig über ihren Kopf hinweg zu bestimmen. Mit der Selbstbestimmung wurde ihr auch die Würde als Menschen und Person zurückgegeben.

1 Kommentar

  1. Ich finde das ganz toll, was Sie da erreicht und durchgestanden haben, und stehe ganz und
    gar zu Ihrer selbstbestimmten Umsetzung. Schade nur, dass es behördlich so – eigentlich unzumutbar – lange gedauert hat. Herzlichen Glückwunsch !
    J.L. / Rechtlicher Betreuer und ehemaliger Seniorenheimleiter

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