Wer verhindert bessere Personalschlüssel in der Altenpflege?

Bei einer Pflegeveranstaltung in Neuss  verwies Gesundheitsminister Gröhe auf die Zuständigkeit der Länder.  Einigen war es offenbar neu, dass nicht die Politiker sondern die Vertreter der Leistungsanbieter, also die Heimträger  gemeinsam mit den Kassen die Personalschlüssel und anderes  festlegen. Wir haben im vergangenen Jahr  in einem umfangreichen  Positionspapier zur Personalsituation, das Zustandekommen der Personalschlüssel aufgezeigt, für die kein  Land eine plausible Berechnungsgrundlage vorweisen kann.  Nicht der tatsächliche  Personalbedarf, gemessen an der  Leistung auf die Pflegebedürftige ein Anrecht haben, wir dabei berücksichtigt, sondern ausschließlich die Kosten.  Wie teuer darf  ein Pflegeplatz maximal sein?  Alleine um diese Frage ging es bisher, sowohl auf bundes- wie landespolitischer Ebene.

Werner Kollmitz war auch auf dieser Veranstaltung und hat den Minister anschließend  nochmals auf das Versagen der Pflegeselbstverwaltung  sowie andere Zusammenhänge hingewiesen, die bisher in der Pflegedebatte ausgeklammert werden. Lesen Sie hier seinen  Brief .

Kann sich jemand an eine Gesundheitsministerin, einen Gesundheitsminister erinnern, die/der nicht für einen ausreichenden Personalschlüssel gewesen ist?  Letztlich sind alle immer wieder an der Frage der Kosten hängen geblieben.  Seit 20 Jahren hören sich die Reden und Ausreden von Gesundheitspolitikern gleich an.   Für Bund und Länder hat sich die Pflegeselbstverwaltung, die sich aus Vertreter der Kassen und der Leistungsanbieter (Trägervertreter von Caritas, Diakonie, AWO, DRK, Parität, ZWIST (jüdische Gemeinden) sowie des BPA (Bundesverband privater am Anbieter sozialer Dienste) zusammensetzt, durchaus bewährt.  Wer wäre besser geeignet darauf zu achten, dass die Pflegekosten stabil bleiben?   Bislang haben die Beteiligten alle Bemühungen um einen angemessenen Personalschlüssel in der Pflege zu verhindern gewusst, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen.

Warum halten die Pflegekassen den Daumen auf dem Personalschlüssel ?

Vertreter der Pflegekassen, die diese Verhandlungen leiten, haben in erster Linie die Leistungssätze im Blick.  An dieser Stelle kommt sehr wohl die Bundespolitik ins Spiel, die diese  festlegt.  Erst vor wenigen Tagen wurde  eine Erhöhung der Leistungs- und Beitragssätze verabschiedet.  Ein Teil dieser Mehreinnahmen soll der Aufstockung der Betreuungskräfte nach §87b dienen. Bei seiner Erklärung,  dass alleine die Länder für die Personalschlüssel verantwortlich sind, vergaß Gesundheitsminister Gröhe zu erwähnen, dass die Vertreter der Pflegekassen  in dem ihnen von der Bundespolitik  gesteckten Rahmen, verhandeln.

Warum zeigen die Trägervertreter kein Interesse an einem höheren Personalschlüssel ?
Um das zu verstehen müsste man auf die Historie zurückgreifen.  Angefangen vom Verständnis des Dienstes am Nächsten, erbracht für ein „vergelts Gott“, bis zu den heutigen Wirtschaftsunternehmen, die mit anderen in Konkurrenz stehen.  Je nach Region versucht ein Träger den anderen kostenmäßig zu unterbieten, dass heißt mit weniger Personal auszukommen, wie die Konkurrenz.  Wer die Wahl hat, zwischen mehreren Heimen bevorzugt in der Regel das günstigere. Hinzu kommt die zunehmende Schwierigkeit, Personal zu finden.  Viele Einrichtungen haben große Probleme dem verhandelten Personalschlüssel zu entsprechen.  Diese können oder wollen sich gar nicht vorstellen, noch mehr Personal vorhalten zu müssen.  Das erklärt, warum die Trägervertreter der Einrichtungen nicht das geringste Interesse an besseren Personalschlüsseln zeigen.

Darum bleibt den Organisationen und Personen, die sich uneigennützig und unabhängig für das Wohl hilfe- und pflegebedürftiger Menschen einsetzen, keine andere Wahl, als den Druck gegen diese „Mauer des Schweigens und Wegsehens und Verschleierns“ zu erhöhen.  Der Unwille und das Aufbegehren wächst. Und das ist gut so!!!

 

14 Kommentare

  1. Hallo Zusammen
    Ich bin neu hier und kenne die Zustände nur zu gut,bin seit 16 Jahren in der Pflege (1jährig ausgebildet und LG 1u.2 gemacht) und erlebe das Umherschieben der Verantwortung bei den bekannten personellen Engpässe in den Gesundheitsberufen und der damit verbundenen Probleme. Es darf nicht sein, dass wir als Pflegekräfte das hinnehmen und nicht mit vereinten Kräften gegen diese menschenunwürdige Allmachtsbrigarde vorgehen. ….

    • Es bring auch nur was wenn alle Pfleger/innen auf die Strasse gehen und denen mal endlich zeigen, dass es mit diesem kranken System nur Bergab gehen kann…..

  2. Ich lebe seit 8 Jahren in einem städtischen Plegeheim und kann der Kritik an den Zuständen nur zustimmen. Es sollten die Leute die für die Zustände verantwortlich sind gezwungen werden,unter Umständen die sie geschaffen haben einmal selbst wenigstens für ein Jahr zu arbeiten. Dann würden sie am eigenen Leib spüren, was sie für einen Unsinn verzapft haben.

  3. Wir wollen mal vorrausschicken, dass Personalkosten ,nicht wie gedacht nur die Pfleger umfasst.Diese verdienen ja wohl doch das Wenigste. Die Personalkosten umfassen unter anderem auch die Manager und Leitungen der Einrichtungen. Und die rauben das meiste Geld. Dazu kommt die Privatisierung und das Gesetz der gesetzlichen ( SGB XI) Möglichkeit , sich im Rahmen der Selbstverwaltung selbst zu begünstigen.Das der Personalschlüssel so wie er zur Zeit steht nicht reichen kann ist ersichtlich.Da stellt sich doch wohl zwangsläufig die Frage ,an welcher Schraube wir denn mal drehen wollen in Zukunft.Und es ist auch klar ,wenn kostendeckend gewirtschaftet wird, auf wessen Kosten das denn gehen könnte wenn nur einer genau hinschaut und diese Dinge mal gezielt und ohne Angst regelt.

  4. Ich bin Altenpflegerin und unser Team hat sich Jahre lang für mehr Personal eingesetzt. Das ging vollkommen nach hinten los?! Denn um Pflegekräfte einstellen zu können musste anderswo gespart werden…. an den Hauswirtschaftskräften und der Küche. Jetzt müssen wir alle Mahlzeiten selbst richten, schöpfen, verteilen. Das bedeutet das eine PK pro Schicht ganz ausfällt, zu den Essenszeiten sogar noch eine Zweite. Also wars unterm Strich ein totaler Reinfall denn wir haben Pflege gelernt und machen jetzt neben stundenlangem Schreiben und dokumentieren auch noch Hauswirtschaft. Was ich persönlich als Frechheit empfinde ist, dass meist die Azubis für Küche und Service eingeteilt werden. Doch wo ist da die Qualität in der Pflege gesichert? Wie sollen unsere Nachwuchs Kräfte ordentlich ausgebildet werden? Viele brechen die Ausbildung ab weil es depremierend ist den ganzen Tag über Brote zu schmieren und Essen zu verteilen. Gerade bei Prüfungen zeigt sich was sie gelernt haben…. oder eben auch nicht. Schlechte Noten motivieren nicht, Azubis sind geknickt und suchen sich lieber einen Betrieb in dem sie lernen was sie sich wünschen, Pflege und Arbeit mit Menschen. Bewohner haben wieder nicht bekommen was ihnen zusteht, nämlich angemessene Pflege und Betreuung. Das könnte alles geklärt und verbessert werden nur durch anheben des Personalschlüssel.

  5. Solange pflegen in € sprich Profit gemessen wird und das PP nicht in einer Pflegekammer organisiert ist wird sich nichts ändern

    • Den ersten Teil Ihres Kommentars kann wohl jeder unterstreichen,Herr Golletz. Hingegen kann ich die Hoffnung, die Sie in die Pflegekammer setzen, nicht teilen. Siehe dazu auch unsere Stellungnahme:

    • Der Bund hat, bereits im Jahre 2006 seine hoheitliche Aufgaben, an die Länder abgegeben. Wenn ich mir dann die Teilnehmerlisten der kommunalen „Pflegekonferenzen“ anschaue, stelle ichfolgendes fest: Fast sämtliche Teilnehmer bestimmen ihr eigenes Budget. Dieses Gremium ist durchsetzt mit Lobbyisten.
      Stellen Sie sich vor, Sie könnten Ihr eigenes Einkommen bestimmen, so sind wir nicht mehr weit von einer Inflation entfernt.

    • Genau! Endlich müssen Pflegende eine gemeinsame Sprache sprechen und eine Interessenvertretung für die Pflege etablieren. Auf keinen Fall darf hier auf die Argumente Bürokratie, Kosten durch Mitgliedsbeiträge und sogar unnötige Institution hereingefallen werden. Arbeitgeber, Krankenkassen und sogar Gewerkschaften mögen keine starke berufliche Interessenvertretung für Pflegeberufe. Ich denke, dass ist mittlerweile mehr als bekannt. Pflegende werden durch die Arbeitsbedingungen in ihrem Beruf krank gemacht und dann im übrigen fallen gelassen! Mein Appel an alle Pflegenden, bitte unterstützt die Bildung einer Pflegekammer!!!

  6. Hallo Zusammen,
    wir sollten endlich aufhören, immer nach Schuldigen zu suchen. Das „Grundübel“ sind die jenigen, die die Gefahr erkannt haben auf Station, aber nichts unternehmen. Einzelspieler und Einzelkämpfer haben keine Chance, die werden rausgemobbt. Wir in der Pflege müssen endlich raus aus dem Chaos und der Bevölkerung mitteilen, daß es ohne uns in der Klinik schlecht (noch schlechter) aussehen würde. Warum bekommen wir als Gesamtheit den Arsch nicht in die Höhe und fangen öffentlich mal an, zu streiken. Wo sind die Gewerkschaften und Berufsverbände, die sich überalls als Sprachrohr der Pflegenden aufspielen und im Grunde nur an Mitgliedsbeiträgen interessiert sind? Was haben sie für uns getan erreicht? Piloten, Bänker, Versicherungen uvm. gehen auf die Straße, legen die Arbeit nieder, nur die liebe Pflegekraft macht das nicht. Unser Stellenwert in der Klinik ist hoch, warum sollten wir nicht auch mal was fordern und den Klinikbetreibern und Pflegeheimbetreibern klar machen, dass sie ohne uns ihren Laden schließen können. Das Argument, der Patient/Bewohner würde darunter leiden ist doch total scheinheilig. Die leiden ja schließlich gerade, weil wir Pflegenden uns nicht für ausreichendes Personal stark machen. Was haben die Piloten gemacht? Wieviele Menschen haben sich da aufgeregt? Die Pflege ist selber daran schuld, daß es so ist wie es momentan läuft. Wer immer nur JA und Amen sagt, verliert sein Gesicht und wird zur fremdbestimmten Marionette! Schade, unser Beruf ist doch wirklich nicht so schlecht, wie wir ihn selber machen!

    • Sehr geehrter Herr Schmidt,
      Sie sagen:Wir sollen aufhören, immer nach Schuldigen zu suchen. Einen Satz später machen Sie es aber selber! Die nun angesprochenen Sachverhalte sind mehr als bekannt. Ich höre einen gewissen Frust bei Ihnen.
      Sie werden kaum jemanden finden, der sich öffentlich äussern wird. Warum? Jeder hat Angst um seinen Job! Ich empfehle Ihnen, sich einmal mit den Kriterien: Mobbing und Bossing, in der Pflege zu beschäftigen.
      Natürlich sind die Patienten/Bewohner die Leidtragenden! Sie sind das letzte Glied in der Behandlungskette und müssen viele Dinge ertragen.
      Da die Lobbyisten das Kapital und vor allem die Macht haben, sollte an diesem Punkt eingeschritten werden.

  7. Es gab einmal eine Reihe von Sozialgesetzen, die vom Bund beschlossen wurden. Sie waren benannt, als SGB I-12, HeimG i.v. mit der HeimPersV. Somit waren die Zuständigkeiten geklärt. Da aber viele Köche den Brei verderben, gingen die beiden letzteren Verordnungen in Länderhand über, nach dem Motto: Jeder soll seine Suppe allein kochen.
    Somit haben wir eine große Anzahl von Köchen, welche eigene Rezepte haben.
    Ich denke z.B. an den § 5 HeimPersV. Er ist natülich ein Konstrukt, das personelle Hintertürchen auf läßt. Nun kommen die Pflegekassen, als auch die Trägervertreter in das Spiel. Jetzt möchte jeder sein Schäfchen, in das Trockene bringen. Bei der Interpretation von Gestzestexten, sind ja nun leider „Soll- und Kannbestimmungen“ vorhanden. So haben wir die Politik wieder im Boot. Fazit des Ganzen: Die Suppe haben, wieder einmal; die Pfegenden und ZU PFLEGENDEN auszulöffeln!

  8. Wieviel Patienten sollen eigentlich noch auf Grund der personellen Unterbesetzung zu Schaden kommen ? Wenn eine einzige Nachtschwester im Krankenhaus ganz alleine jede Nacht 35 Patienten – worunter sich aber jede Nacht 10 Frischoperierte befinden – versorgen muss, (wie in unseren Fall) braucht man sich nicht zu wundern, dass die sogenannten „unerwünschten
    Ereignisse inzwischen ein erschreckendes Ausmaß angenommen haben. Bei gerichtlichen Auseinandersetzungen wird dem Pflegepersonal der schwarze Peter zugeschoben, die wirklich
    Veranwortlichen verstecken sich hinter Paragraphen, Verträgen und der Schweigepflicht .
    Das muss aufhören !!!
    Wer schützt Patienten und Pflegebedürftige vor den oft irreversiblen Konsequenzen und Schäden,die sie durch die personelle Misere erleiden müssen ?
    Es wird höchste Zeit, auch die Bevölkerung und vor allem die Angehörigen von (demnächst) Pflegebedürftigen zu ermutigen, sich der „Pflegerevolution“ anzuschließen – für ihre Nächsten und für sich selbst.

    • Es ist echt traurig, armes Deutschland…. Ich habe als Altenpflegerin im Nachtdienst mindestens 40 Bewohner zu versorgen und als Fachkraft oft noch die Verantwortung für ein anderes Stockwerk. Es sind kranke und demente Menschen, da sind einige, die nachts herumlaufen, stürzen, sich sonstwie verletzen und dann hab ich auch noch einen Notarzt da, manchmal auch bis zu 7 Saniter und Ärzte, da kommt Freude auf, wenn da nebenbei noch welche klingeln UND ich noch Bewohner lagern muss, die nebenbei bemerkt, nicht leicht zu bewegen sind! Dann soll man aber auch noch Medikamente stellen, alles doppelt und dreifach dokumentieren, Sonden anhängen, immer wieder muss man Betten beziehen, mit Bewohner drin, manche scheiden sehr sehr viel aus, manche entfernen ihre Einlagen, oder schmieren das Bett mit Stuhlgang voll (einige essen diesen sogar, dann muss ich mich fast übergeben, aber den Mund gründlich reinigen), Sondennahrung oder Wasser muss man auch anhängen…. Protokolle ausfüllen… also man hat schon eine enorme Verantwortung und Arbeit. Und dann kann man tagsüber nicht schlafen……
      Daher höre ich jetzt im Altenheim auf, ich gehe sonst kaputt. Sollen die schaun, wie es so weiter geht, das endet nicht gut… Es muss sich sofort was tun, man muss den Personalschlüssel deutlich verbessern!

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