WIR! Stiftung pflegender Angehöriger, sieht dringenden Handlungsbedarf

„Demenz vom Alzheimertyp“, so lautete die Diagnose für meine Mutter, die wir eines schönen Tages in einem Münchner Diagnosezentrum schwarz auf weiß bestätigt bekamen. Sieben Jahre konnte ich meine Mutter zu Hause begleiten, dann war ich mit meinen physischen und psychischen Kräften am Ende. Wir fanden ein wirklich gutes, kleines Heim in dem meine Mutter sich wohlfühlte.

Eines Tages kam der Anruf, meine Mutter sei gestürzt und auf dem Weg ins Krankenhaus. Es stellte sich eine eingestauchte Oberarmfraktur heraus, meine Mutter solle ein paar Tage in der Klinik bleiben. Bei meinen Besuchen war es Glücksache, ob ich sie antraf oder nicht. Sie hatte einen dicken Leukoplaststreifen auf dem Rücken ihrer Jacke auf dem stand: „Ich gehöre auf Station XY“. Es machte mich traurig meine Mutter so beschriftet zu sehen, wusste aber unter auch keine bessere Lösung. Tag und Nacht war meine Mutter in der Klinik unterwegs. Da die Schwestern neben all ihrer Arbeit keine Zeit hatten auf meine Mutter aufzupassen, irrte sie im Haus herum. Ich hatte große Angst, sie könne sich in dem weitläufigen Keller des Klinikums verlaufen, bzw auf der Strasse herumirren und trotz Leukoplastbeschriftung nicht gefunden werden.

Einige Zeit später kam wieder ein Anruf aus dem Heim: Meine Mutter sei aus dem Bett gefallen und auf dem Weg in die Klinik. Als ich dort ankam ( 9:00), sah ich meine Mutter auf dem Flur der Klinikambulanz auf einer schmalen hohen Liege. Nachdem ich die bürokratischen Dinge erledigt hatte setzte mich auf einen Stuhl, den ich mir selbst organisiert hatte neben sie. Um uns herum war ein Kommen und Gehen. Schwestern, Pfleger, Ärzte und viele andere Personen liefen hin und her. Sie verständigten sich über unsere Köpfe hinweg über alles Mögliche.

Ab und zu hielten eine Schwester, oder ein Pfleger kurz bei uns an und meinten mitleidig: „Ach Sie sind ja immer noch da, bestimmt kommt gleich jemand und schaut Ihre Mutter an“ Es wurde im Laufe der Zeit konkreter: „Na ja, Ihre Mutter hat ja zum Glück offensichtlich keine größeren Verletzungen, wir warten nun noch auf die Neurologin. Die kommt dann nach dem Mittagessen.“ Ich besorgte etwas zu trinken und zu essen für meine Mutter.

Ein paar Mal musste ich Sanitäter davon überzeugen, dass meine Mutter nicht die Dame sei, die sie nach irgendwohin mitnehmen sollten.

Eine nette Neurologin kam nach dem Mittagessen – wir waren nun schon 5 Stunden auf dem Flur – und veranlasste ein MRT. Meine Mutter wurde in den Keller vor den MRT Raum geschoben. Eine resolute Dame kam heraus und meinte zu mir: „Sie bleiben draußen“! Ich versuchte ihr zu erklären, dass meine Mutter nicht verstehen könne was sie sage und Anweisungen nicht folgen könne. Wenn ich dabei sei, dann würde sie auf jeden Fall ruhig liegen bleiben. „Ich weiß was ich zu tun habe, Sie bleiben draußen!“

Von draußen hörte ich , wie die Dame meine Mutter anschrie: „Jetzt bleiben Sie doch ruhig liegen!“ Ich war so wütend, dass ich drauf und dran war einfach hineinzugehen…..es gab aber nur einen von außen nicht zu öffnenden Türknopf. Ich fühlte mich unendlich hilflos. Als die Dame meine Mutter wieder auf den Flur schob, konnte ich mir nicht verkneifen zu bemerken: „Auch ein dementer Mensch ist ein Mensch!!“

Um 17:00 waren wir immer noch im Flur und eine sehr nette Schwester fragte: haben Sie die Windel heute schon gewechselt? Daran hatte ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht. Sie gab mir eine Windel und ich durfte meine Mutter in einen blickgeschützten Winkel fahren, wo ich ihre Windel wechseln konnte. Auch etwas zu trinken bekamen wir angeboten, wofür ich sehr dankbar war!

Um 18:00 kam die Neurologin. Sie meinte, auf dem MRT sei nichts Auffallendes zu sehen und bot an, meine Mutter zur weiteren Beobachtung stationär aufzunehmen. Nach telefonischer Rücksprache mit dem Heim haben wir auf das Angebot verzichtet und um 19:30 war meine Mutter, nachdem ich auch noch den Krankenwagen organisiert hatte wohlbehalten wieder im Heim. Ich war fix und fertig. Wie wäre es meiner Mutter wohl ohne mich ergangen?

Als wir zu einem späteren Zeitpunkt der Blutarmut meiner Mutter auf den Grund gingen, stellte sich heraus, dass eine ausgedehnte Darmoperation nötig war, um sie vor einem Darmverschluss zu bewahren.

Auf die Problematik der Operationsvorbereitung möchte ich gar nicht eingehen. Die Operation verlief gut, meine Mutter konnte irgendwann in ein Einzelzimmer umziehen. Ich blieb 16 Stunden täglich bei ihr, 6 Nachtstunden wollten wir mit einer Sitzwache abdecken. Die Stationsschwester meinte zunächst: „ Wo kommen wir denn hin, wenn wir unsere wertvollen Sitzwachen für solche Menschen verbrauchen……..“ Ich war vor den Kopf geschlagen. Als ich ihr erklärte, dass wir die Sitzwache doch selbst bezahlen und dass sie verantwortlich sei, wenn nach der Bauchoperation meiner Mutter auf Grund mangelnder Betreuung ein Schaden entstehe gab sie nach.

Mir ist klar, dass viel Kliniken personell am Limit sind und dass unter den derzeitigen Rahmenbedingungen demenzkranke Menschen „stören“.

Wenn dem so ist, dann müssen sich die Rahmenbedingungen ändern! Demenzkranke haben ein Recht genauso versorgt und betreut zu werden wie jeder andere Patient auch. Wir müssen uns dringend darum kümmern, dass Demenzkranke in Kliniken eine menschenwürdige, respektvolle und verlässliche Fürsorge erfahren.

Welche Einstellung haben wir eigentlich zu Menschen, die andere Vorstellungen haben, die langsamer sind und unser Verständnis brauchen?

Schöne Worte oder ethische Appelle auf dem Papier nützen nichts, wir müssen sie in unserer Lebenswirklichkeit umsetzen!

Brigitte Bührlen 20.11.2012

www.wir-stiftung.org

 

4 Kommentare

  1. Betr: Kommentar von Herr Walter Mette vom 22.Juli 2013-
    Zu dem Kommentar noch einige ergänzende Angaben zu den Begriffen
    Nicht lebenswertes Leben- Endlösung- Dritte Reich- NS -Regierung-
    1. An erster Stelle steht in einem Staats-System- Kaiser-Reich-Dritte-Reich- Andere Staats- Systeme immer die Volkswirtschaft.
    2. In der Volkswirtschaft steht, wie in der Betriebswirtschaft, immer
    Einnahmen erhöhen – Ausgaben vermeiden –
    3. Senioren- Rentner sind somit nur Ausgaben
    4. Wenn sich die Anzahl der Senioren-Rentner, sich ständig erhöht, aber die Finanzierung
    ist nicht gewährleistet ist, m u s s die Anzahl der Senioren reduziert werde.
    5. nur der t o t e Rentner ist ein G u t e r – Rentner
    6. dadurch sind erhebliche Einsparungen möglich – wie
    7. keine Renten-Auszahlungen mehr
    8. keine Pflegekosten-Auszahlung mehr
    9. keine Krankenkosten-Auszahlung, Ärzte-Krankenhäuser-Medikamente- mehr
    10.hohe Einnahmen von Erbschaft-Steuer-
    11.hohe Einnahmen von Erbschaften- Nachlässen- Häuser- Geld- Wertgegenstände-
    Wohnungs-Auflösungen, auch von Einrichtungen von Paritätischen Wohlfahrts Verbände
    und Betreuern – Einschleich Kriminalität- Gewerbsmäßige Erbschleicherei.
    12. Wer prüft die Todesursachen von Senioren in Senioren- und PflegeHeimen? Bei Strafanzeigen, stellt die Staatsanwaltschaft Ermittlungen fast
    immer ohne genauere Prüfung der Zusammanhänge ein. Selbst wenn Angehörige Fotos und anderes Beweismaterial vorlegen können, scheint niemand Interesse an einer Aufklärung zu haben.
    15. Ebenfalls wird, auch durch Presse, die Selbstötung immer mehr angeregt, auch provoziert
    16. Die Selbsttötung von Senioren, in Senioren- und Pflege-Heimen nimmt ständig z u .
    Dipl.-Ing.Hans-Gerhard M ö l l e r
    Beethovenweg 8 – 59505 Bad Sassendorf –
    Mail: h.ger.moeller@t-online.de — Tel. 015156791884
    sämtliche Angaben können so veröffentlich werden.

  2. Nicht nur fragen oder Auskünfte einholen, sondern auf einen offensichtlich bestehenden Konsens hinweisen:

    Ode an die Sedierung

    Wenn die Ärzteschaft es will,
    sind viele Alte früher ’still‘.
    Sehr hilfreich ist die Pharmaindustrie,
    mit Pillen für die Psychiatrie.
    Da gibt es Psychopharma- Neuroleptika,
    für jeden ist ’ne Pille da.
    Verschrieben wird sie ohne Zaudern;
    die Praxis mancher Ärzte lässt erschaudern.
    Da werden alte Menschen heimlich, still und leise
    auf verbrecherische Weise
    mit Chemie viel tausendfach sediert;
    weite Kreise wissen das und dennoch: Nichts passiert!
    Selbst in manches Altenheim
    zog die gleiche Haltung ein.
    So geht es lang‘ schon, Jahr für Jahr,
    so dass es jedem wird ganz klar:
    Die Problematik mit den Alten
    ist mit Pharma auszuschalten.
    Das hatten wir schon ‚mal,
    nur feiner ist der Worte Wahl.
    Nicht lebenswertes Leben,
    ‚Endlösung‘ ist ’s – auch heute eben.
    In reservatio mentalis:
    Euthanasie ist es realis.
    Doch nicht wie ‚Adolfs‘ Schergen dieses taten,
    vielmehr geschieht es heute hier in Raten.
    So tritt man Menschenrechte mit den Füßen;
    Sieg Heil! Das ‚Dritte Reich‘ lässt grüßen.

    Walter Mette 21.07.2013

  3. Wenn wir nur endlich Transparenz über die Gelderverwendung im Pflege-und Gesundheitssystem erhalten würden, wären wir einen guten Schritt weiter. Unsere Solidarbeiträge für Kranken-und Pflegekassen sind doch in erster Linie zweckgebunden für gute Rahmenbedingungen und angemessene Entlohnung derer, die die Arbeit leisten zu verwenden.
    Vielleicht müssen wir, die Bürger und Beitragszahler lauter fragen und Auskunft fordern?

  4. Mir fällt dazu nur noch ein, dass es ein Ende haben muss Steuergelder zu veraasen für Bankenrettung, Rüstungsaufträge, ‚Huligan- und Randaliererbetreuung‘ und ‚Betreuung‘ von sonstigem ‚Gesindel’durch die Polizei usw. usw..
    Da hat man auch gewisses Verständnis für Steuerbetrüger, die ihre Steueraufkommen nicht veraast sehen wollen, weil diese Steuern nicht sinnvoll für eine Verbesserung der Struktur im Gesundheit- und Pflegewesen aufgewendet würden.

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