Gefangen im System der Pflege und gesetzlichen Betreuung

Hildegard Block wurde dreieinhalb Jahre in einem Pflegeheim, fern ihrer Heimat festgehalten.  Am 24.12.2014 -23.00Uhr – endete ihre  Leidensgeschichte mit dem Tod. Für den Sohn und andere Angehörige, die sich vergeblich bemühten ihr aus diesem Gefängnis heraus zu helfen,  fängt die eigentliche Aufarbeitung jetzt erst an.  Da sich dieses  Drama quasi vor meiner Haustür abspielte, kam ich nicht umhin, mich hier persönlich wie auch als Vorsitzende des Pflege-SHV einzuschalten.

Als ich am ersten Weihnachtstag die Nachricht erhielt, „Mutter an Heilig-Abend von ihren Qualen erlöst“, freute ich mich für diese Frau, für ihren Sohn, wie  für alle die mit gelitten haben und  sich fragen, wie so etwas überhaupt möglich sein kann.  Es geht um die 89jährige Hildegard B, die  ihre letzten Lebensjahre in einem Pflegeheim, hier in der Nähe, zubringen musste.  Angesichts  ihrer Leidensgeschichte  hatte  der Zeitpunkt etwas versöhnliches:  „Als der Arzt mir sein Beileid aussprach und es bedauerte, dass es ausgerechnet an Heilig Abend geschehen musste, und dieser Tag in Zukunft wohl für mich immer in düsterer Weise erscheinen würde, konnte ich widersprechen:   Es war für sie ein Geschenk des Herren, das ihr nun an diesem Tag endlich Erlösung gegeben wurde.“, schreibt ihr Sohn Joachim.  Frau Block  verstarb zum Glück nicht in besagtem Heim, sondern im Krankenhaus, wo ihr Sohn ganz selbstverständlich einbezogen wurde obwohl ein Berufsbetreuer in allen Angelegenheiten zu bestimmen hatte.   So konnte Herr Block  die letzten Stunden am Sterbebett seiner  Mutter verbringen und ihr noch sagen, was ihm auf der Seele brannte und wofür ihm bis dahin Raum und Worte fehlten.   „Ich habe ihr gedankt, für  alles ……. Und ich habe mich bei ihr entschuldigt, weil ich es nicht geschafft habe, sie aus diesem Heim herauszuholen und ihr dieses qualvolle Ende  zu ersparen.  Meine Mutter hat mich angeschaut, als ob sie mich trösten wollte.  Sie war für einige Momente ganz klar und hat sogar ein wenig gelächelt.“, berichtet er.

Ausgangssituation: Die letzten Jahre der Hildegard Block  (Jg 1926)  in Freiheit

Nach dem Tod seines Vaters,  im Jahre 1999,  war es für den Sohn Joachim (Jahrgang 1965)  selbstverständlich, dass er sich um seine Mutter kümmern würde. Denn die beiden waren immer schon „ein Herz und eine Seele“, wie es seine Freundin ausdrückte.  Sie  hatten ein ähnliches Naturell und viele gemeinsamen Interessen.   Joachim Block  ist Musiker und bildet Musiker aus.  Hildegard Block  liebte Musik und fühlte sich wohl  in der Gesellschaft mit Künstlern, Musikstudenten und überwiegend positiv gestimmten Menschen, die zeitweise im Hause Block ein- und ausgingen.  Auch Auswärtstermine des Sohnes waren kein Problem. Denn  trotz ihres Alters war sie  körperlich und geistig so fit, dass er die Mutter überall hin mitnehmen konnte.  Ihre offene, humorvolle Art kam bei Jung und Alt gut an.  Außerdem interessierte sie sich für alles und konnte selbst auch vieles erzählen.  Auch zu Monika, der Freundin des Sohnes, hatte sie guten HBlock-Febr2011Kontakt.  „Ob im Urlaub oder bei gemeinsamen Festen, Hildegard war mit von der Partie, sie gehörte dazu.“, bestätigte ihre quasi Schwiegertochter.
Frau Block  hat außerdem eine Tochter, Brunhild (Name geändert). Sie ist älter als Joachim und hat, wie der Vater, eine  juristische Laufbahn eingeschlagen.  Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter wurde als distanziert beschrieben.  Zwar sei kein offener Streit gewesen  auch wusste niemand von Vorkommnissen zu berichten, die das geringe Interesse der Tochter am Zusammensein mit der Familie erklären könnte.   Brunhild ist geschieden, hat keine Kinder und wohnt in einer Ortschaft bei Bonn, etwa 10 km entfernt  vom Seniorenheim Linzer Berg.   In ihrem Haus betreibt sie  eine Hundezucht. Außerdem gehören Ponys, Pferde und andere Tiere zu ihrem Hausstand.  Brunhild  würde auch keinen Hehl daraus machen,  dass  sie mehr an ihren Hunden hänge als an der Familie:  „Meine Familie sind die Hunde“, wird sie von Angehörigen zitiert.

Im Januar 2011 schien für die gerade 85 Jahre gewordene Hildegard Block  die Welt noch in Ordnung. Gemeinsam mit ihrem Sohn hatte sie  einpaar schöne Tage bei Freunden an der Mosel verbracht, wo dieses Foto entstand. Es zeigt Frau Block , rund zwei Monate bevor ihr Leben eine verhängnisvolle Wende nahm.

DIE UMSTÄNDE:
Wie es kam, dass  Hildegard Block unter Betreuung gestellt und in einem Pflegeheim bei Linz am Rhein, rund 130 km von ihrem Wohnort Bochum entfernt,  festgehalten  wurde, zu einem Zeitpunkt als sie weder pflegebedürftig noch dement war.

Zu diesem Zeitpunkt kamen mehrere Dinge zusammen. Joachim Block befand sich 2010 beruflich vor einer Veränderung,  die  den Wegzug aus Bochum notwendig machte. Das Haus in Bochum sollte verkauft werden, Käufer waren bereits gefunden, bevor er sich entschieden hatte, wo er künftig arbeiten und wohnen wollte.   Seine Mutter wäre gerne in die Nähe ihrer Freunde an die Mosel gezogen,  hier hatte man sich bereits nach geeigneten Immobilien umgeschaut.  Das Haus in Bochum war außerdem voll gestellt mit  Sachen aus dem Haus in Thüringen,  in dem er  mit der Mutter einige Jahre im Zweitwohnsitz  gewohnt hatte.   Alleine in dem Haus in Bochum wollte Frau Block  nicht mehr bleiben, seit dort vor einigen Jahren eingebrochen worden war.   In dieser Umbruchphase kam es dann auch noch zu gesundheitlichen Problemen,  die  Joachim Block  nun gerade gar nicht  brauchen konnte, weshalb er sie zu ignorieren versuchte, bis es nicht mehr ging.  Auch bei seiner Partnerin  stand eine berufliche Veränderung an, die mit einem Umzug von  verbunden war.   In dieser  Übergangszeit probierte  die 85 jährige Frau B  das Angebot für betreutes Wohnen aus, in einem neu errichteten Gebäudekomplex eines Heimbetreibers.  Dort gefiel es ihr jedoch nicht, nur alte Leute, die ganze Atmosphäre sei deprimierend, weshalb sie dort bald wieder auszog.  Alles in allem eine schwierige Lage, die sich im März 2011 zuspitzte, als eine Operation und ein Klinikaufenthalt  des Sohnes unumgänglich wurden und die dazu führte, dass er sich an seine Schwester wandte und diese fragte, ob  die Mutter  während der Zeit seines Krankenhausaufenthaltes bei ihr wohnen könne.  Sie brauche  keine Aufsicht und würde keine Arbeit machen.  Sie sollte nur nicht so lange  alleine sein.   Es war das erste und wohl auch letzte Mal, dass er seine Schwester um einen Gefallen bat.   Brunhild erklärte sich grundsätzlich bereit, aber nicht in ihrem Haus.  Das ginge ganz schlecht, weil im  Gästezimmer  gerade eine ihre Zuchthündinnen mit Welpen untergebracht sei.   Außerdem wisse sie nicht, wie die Mutter mit den Hunden klar komme oder die Hund mit ihr. Schließlich machte Brunhild den Vorschlag, die Mutter für diese Wochen im Seniorenheim LB einzuquartieren.  Sie kenne die Heimleiterin  und würde das mit ihr regeln.   „Meine Mutter war zwar überhaupt nicht begeistert von dieser Lösung, denn ein Leben im Pflegeheim, davon wollte sie gar nichts wissen.   Nach gutem Zureden und einem Gespräch mit der Heimleiterin, willigte sie jedoch ein.“, erklärte Joachim.   Vor allem wohl, weil sie ihren Sohn nicht noch zusätzlich belasten wollte.   Sein   Gesundheitszustand hatte sich seit Januar dramatisch  verschlechtert, er kam um eine Operation nicht mehr herum.  Der Eingriff sollte Anfang April in einer Klinik in München durchgeführt werden.   Die Sorge um Ihren Sohn dürften in diesem Moment größer gewesen sein,  als die zu erwartenden  Einschränkungen, die sie mit dem Leben in diesem Heim verbunden hat.

Am 1. April 2011 brachte Joachim seine Mutter in das Seniorenheim Linzer Berg.  Als er sich von ihr verabschiedete, konnte er nicht ahnen, dass sie dort für den Rest ihres Lebens bleiben muss; dreieinhalb grauenvolle Jahre.

Gesundheitszustand vor ihrer Isolation in diesem Heim.

Hildegard Block Maerz2011Dieses Foto wurde von Erika N.  im März 2011 gemacht.  Es zeigt die 85 jährige Hildegard B, bei einem Besuch in einem Caritas Altenheim, in dem Frau N. ehrenamtlich  bestimmte Aufgaben übernimmt.  Erika N  ist die Mutter von Monika, der Lebenspartnerin von Joachim Block und seit 2007  mit der Familie bekannt.   Bis zu ihrer Berentung hat sie als Krankenschwester, Stationsleiterin und Lehrerin für Pflegeberufe gearbeitet. Sie kennt sich also bestens aus,  im Bereich der Pflege und kann wohl auch erkennen, ob und in welchem Maße jemand dement und hilfebedürftig ist.   In einem  Schreiben an das Betreuungsgericht legt sie  dar, dass Frau Block  bei  allen Besuchen und auch bei  ihrer letzte Begegnung, siehe Foto (wenige Wochen vor  der Unterbringung im dem Seniorenheim LB) , in  geistig und körperlich guter Verfassung war: orientiert, interessiert und gepflegt.  Hildegard B  habe immer Wert  auf ihr äußeres gelegt.  Haare, Zähne, Nägel und auch Kleidung, alles musste bei ihr in Ordnung sein.   Ebenso wie jeder andere, der davon erfahren hat, dass Hildegard B unter Betreuung gestellt wurde, weil sie dement sein soll, fragt sich  Frau N. bis heute, was in dem Heim mit ihr passiert ist.  Da sie weder einen Schlaganfall noch andere körperliche Erkrankungen hatte, liegt auch aus ihrer Sicht die Vermutung nahe, dass hier gezielt nachgeholfen wurde.

Wir vermuten, dass Frau Block  einer extremen Stresssituation ausgesetzt war.  Zum einen wegen der Sorge um den Sohn und zum anderen weil sie wohl  spürte, dass Brunhild  vorhatte, sie in diesem Heim festzusetzen.   Sie hatte dort keine Möglichkeit ihren Sohn anzurufen, auch nicht Monika S oder andere ihr nahestehende Menschen. Da außer ihrer Tochter alle weit weg wohnten und  davon ausgingen, dass Frau Block nur ein paar Wochen dort ist, wo man sich gut um sie kümmert, bekam sie keinen Besuch.  Auf telefonische Versuche des Sohnes oder von Angehörigen mit ihr zu sprechen, wurde  jeweils erklärt, dass es Frau Block gut gehe und sie gerade mit irgendetwas beschäftigt sei.   Von der Pflegedienstleiterin erfuhren wir, dass sie anfangs häufig versucht habe, das  Haus zu verlassen, weshalb man immer auf sie hätte aufpassen müssen.  Sie sei schließlich dement und könne sich verlaufen oder unter ein Auto kommen.  Das Heim liegt ja direkt an einer vielbefahrenen Durchgangsstraße.  Wie auch immer, alle Aussagen ihrer nächsten Angehörigen sowie Fotos und Erkundigungen bei ihrer Kasse etc. bestätigen, dass Frau Block ohne Pflegestufe und Anzeichen von Demenz war, als sie am 1.April 2011 in dieses Heim kam.  Rund 6 Wochen später war sie vollkommen entmündigt.

 Gewaltsame Entrechtung und Festsetzung im Seniorenheim Linzer-Berg

Gegenüber dem Betreuungsgericht  erklärte  Brunhild, sie habe ihren Bruder nicht erreichen können und als dieser bis zum 1. Mai nicht aufgetaucht sei, um die Mutter abzuholen, habe sie handeln müssen.  Angeblich habe man sich nur auf einen Aufenthalt von höchstens vier Wochen  verständigt.  Herr Block gibt an, die Heimleitung telefonisch verständigt zu haben, dass er nicht genau voraussehen kann, wann er entlassen wird, da  wegen eines Tumors  eine zweite Operation notwendig geworden war.   Die Mitarbeiterin am Telefon  habe ihm versichert, dass eine Verlängerung  kein Problem sei und es der Mutter gut gehe.   Das weitere Szenario beschreibt Herr Block  wie folgt:

„Am 15.Mai kündigte ich die Abholung meiner Mutter telefonisch an. Bei diesem Telefonat wurde ich nicht mit der Heimleiterin, Frau S., verbunden, sondern eine Mitarbeiterin des Hauses gab mir zu verstehen, dass eine  Abholung nicht möglich sei. Auch meine Mutter dürfte sie leider nicht an das Telefon lassen, da sie eine Order hierfür erhalten hätte.
Am 16.Mai 2011 kam ich gegen 19:00 Uhr am Heim an. Aus einem Fenster zum Parkplatz konnte ich einen Pfleger sehen, der mich beim Verlassen des Autos beobachtete. Da die Heimtür bereits verschlossen war, bzw. wie ich vermute, schnell verschlossen wurde, kam ich nicht in das Gebäude. Als ich zurück zum Auto ging, entdeckte auch meine Mutter mich und rief mir von einem kleinen Balkon zu.  Ich bat meine Mutter dem Personal mitzuteilen, die Tür zu öffnen. Nach wenigen Minuten kam meine Mutter völlig aufgelöst auf den Balkon zurück und erklärte mir, dass der Pfleger die Tür nicht öffnen wolle, zudem hätte er meine Mutter auch grob aus dem Eingangsbereich komplementiert und sie angeschrien.  Ich hatte meine Mutter noch nie so aufgebracht erlebt. Sie flehte mich an sie da raus zu holen, aus diesem schrecklichen Haus.
Zwei Tage später erfolgte mein 2.Versuch, diesmal ohne das Auto vor dem Haus zu parken.  Über den Haupteingang versuchte ich zunächst in das Haus zu gelangen, wurde aber von einem älteren Mann (Hausmeister?) daran gehindert. Kurze Zeit später kam eine sehr nette Pflegerin auf mich zu, die mich auch sofort zu meiner Mutter führen wollte.  In der Station angelangt, kam der gleiche Pfleger hinzu den ich bereits zwei Tage zuvor am Fenster gesehen hatte, und fuhr seine Kollegin unfreundlich an, dass Frau B nicht mit mir das Zimmer verlassen darf. Im Übrigen würde mein Besuch nicht gerne gesehen, da meine Mutter eine so starke Bindung zu mir hätte und dadurch immer wieder nach mir fragen würde. Alle Anordnungen kämen von einem Betreuer, der sich noch mit mir in Verbindung setzen würde. Meine Mutter und ich konnten zumindest 5 Minuten alleine im Zimmer sprechen, bevor sich der Pfleger demonstrativ zu uns setzte und Schreibnotizen von unserem Gespräch machte.  Zuvor konnte meine Mutter mir mitteilen, dass sie große Angst vor diesem Pfleger und einem weiterem Mann hat. Zitat meiner Mutter: Ein ekeliger Kerl, der mir ständig Fragen stellte und meinen Koffer auf dem Boden ausgeschüttet hat. Erst Wochen später stellte sich heraus, dass es sich um den Betreuer handelte. Meine Mutter erkannte ihn auf dem Bild, das wir nach Recherchen im Internet ausgedruckt hatten.
Der Betreuer meldete sich erstmals im Juni 2011 telefonisch, ohne jedoch seinen Namen und Adresse zu nennen. Er teilte mir und meiner Partnerin mit, dass meine Mutter in diesem Heim bleiben muss. Er habe das Aufenthaltsbestimmungsrecht und ich solle das gefälligst akzeptieren.   Etwa eine Woche nach dem Anruf des Betreuers, besuchte ich meine Mutter erneut in dem Heim. Mir fiel auf, dass sich ihr Allgemeinzustand wesentlich verschlechtert hatte. Immer wieder erklärte sie, dass sie aus dem Heim will und den Betreuer nicht akzeptiert. Auch auf den Wunsch meiner Mutter schaltete ich eine bekannte Bonner Anwaltskanzlei ein, die im Auftrag meiner Mutter Akteneinsicht nehmen sollte. Dies wurde vom Gericht in Linz nicht bewilligt, mit der Begründung, Frau B  sei „psychisch krank“ und nicht mehr geschäftsfähig. Ein weiterer Versuch über einen von mir erteilten Antrag an die gleiche Kanzlei scheiterte ebenfalls, da ich auch als Sohn nicht berechtigt bin  die Akten einzusehen.
Je mehr wir uns um meine Mutter bemühten, desto schlechter wurde sie im Heim behandelt.“

Der Sohn wendet sich an Hilfsorganisationen

HBlock-August2012Nachdem weder das Betreuungsgericht noch der Betreuer auf seine Schreiben bzw. die seines Anwaltes reagiert, wendet sich Joachim Block zunächst an HsM-Bonn, eine von Prof.  Rudolf Hirsch gegründete Initiative gegen Gewalt in der Pflege.  Hiltrud Bold, die zu der Zeit  als Beraterin dort tätig war, begleitet Herrn Block zu einem Besuch seiner Mutter und beschreibt in ihrem Besuchsprotokoll, die auffällige Beobachtungssituation und Inzenierung.  Frau Bold setzt sich anschließend mit mir, als Vorsitzende des Pflege-SHV in Verbindung, auch, weil ich räumlich näher dran bin.   Nach einem Telefonat mit Herrn Block verabrede ich einen gemeinsamen Besuch seiner Mutter im „Linzer-Berg“.  Das Foto zeigt Hildegard B während dieses Besuches im August 2012. Als Herr Block und ich gegen  17.00 Uhr das Heim betraten, war vom Pflegepersonal zunächst niemand zu sehen. Frau Block  befand sich im Flur des Wohnbereichs, saß dort alleine in einer Sitzecke.  Als sie ihren Sohn sah, schaute sie zunächst etwas überrascht, sprang dann jedoch auf und strahlte ihn an.  Er stellte mich als eine  Bekannte vor. Ich schlug vor, nach draußen in den Hof zu gehen, auch weil es für drei Personen keine Sitzgelegenheit gab, weder auf dem Flur noch im Zimmer der Bewohnerin.  Außerdem befand sich ein zweites Bett im Zimmer, belegt mit einer Bewohnerin die auf unsere Anwesenheit nicht mehr reagieren konnte und wenige Wochen später verstorben ist.  Im Erdgeschoss angekommen, begegnete uns eine Pflegekraft die etwas erstaunt schaute.  Ich grüßte sie freundlich und erklärte, wir würden uns mit Frau Block  draußen an den Tisch setzen.  Da sie von einem anderen Wohnbereich war und vermutlich nicht realisierte, dass es sich bei dem Mann um den Sohn handelte, war das für sie in Ordnung. Wir saßen jedoch keine 10 Minuten, als eine andere Pflegekraft kam und erklärte, sie hätte sich sorgen gemacht und nach Frau Block  gesucht. Ich sah Hildegard Block an diesem Tag zum ersten Mal.  Sie schaute mich etwas skeptisch an, wie das Foto zeigt.  Sie antwortete jedoch sinngemäß und schien zu verstehen. Auffällig war, dass sie sofort ganz interessiert und strahlend regagierte, wenn ihr Sohn etwas erzählte. Mehrfach drehte sie sich dann zu mir hin und versicherte mir: „Das ist ein guter Junge“ oder „Der Achim ist ein guter Junge“.  Auch bei späteren Besuchen, wiederholte sie dies. So als ob sie ihrem Sohn beistehen müsste.  Vermutlich weil ihre Tochter, der Betreuer oder auch Mitarbeiter des Heimes, schlechtes über ihn verbreitet hatten.
Insgesamt machte Frau Block einen resignierten Eindruck. Wenn sie sprach oder lächelte, hielt sie die Hand vor den Mund. Herr Block fragte, ob sie immer noch keine neuen Zähne habe, woraufhin sie eine resignierte Handbewegung machte.  Bewusst haben wir sie nicht auf ihre Situation in diesem Heim angesprochen, sondern lediglich erklärt, dass wir versuchen würden, sie jetzt öfter zu besuchen.  Es war beklemmend – nichts sagen und tun zu können.  Vor allem für den Sohn, der versucht hat irgendwie gute Mine zu diesem bösen Spiel zu machen.  Der auch oft nahe davor war, zu resigieren.  Jeder Anlauf den er wagte, endete vor einer Wand.  Seine Gesundheit war nach wie vor stark angeschlagen, er konnte nicht arbeiten, schlief schlecht und fühlte sich ähnlich wie seine Mutter  – ohnmächtig, ausgeliefert.

Zeugnisse ihres weiteren Verfalls

März 2013 BDieses Foto zeigt Hildegard B  im März 2013,  also gut ein halbes Jahr später.  Sie hatte stark abgenommen, wirkte eingefallen, erschien zugleich jedoch weniger belastet.  Ab dieser Zeit etwa, schien in ihr eine Wandlung stattgefunden zu haben. Obschon sie elendig aussah, zerbrechlich, hager, kreidebleich, kaputte Zähne, die sie jetzt auch nicht mehr verdeckte, hatte ihr Lächeln etwas Fröhliches.  So als ob sie die reale Umgebung und das was ihr vorher unerträglich war, gar nicht mehr registriere und auf eine andere Ebene ihres Seins geweselt habe.   Dieses Phänomen, in der Psychologie   Regression  genannt, lässt sich häufig beobachten, nicht nur bei alten Menschen, die, wenn sie ihr Selbstverständnis bedroht sehen, in eine Demenz abtrifften.  Wenn ein Mensch eine Situation nicht mehr aushalten kann, hilft sich die  Psyche selbst,  im Sinne von: Vergessen was belastet.  Dabei wird jedoch nicht nur die aktuell belastende  Realität ausgeblendet, sondern zugleich auch der  Zugang  zu bestimmten Informationen versperrt.  Es kommt zu einer Rückwärtsentwicklung, die ganz langsam oder auch sehr schnell verlaufen kann. Je unerträglicher  die Situation, desto rascher die Zurückentwicklung. Diese endet meistens an einem Punkt, als  die Welt noch in Ordnung war.   Also wer eine schöne, behütete Kindheit hatte, versucht unbewusst diesen Zustand wieder zu erlangen.  So erklärt sich ein häufig zu beobachtende „Demenz-Phänomen“,  das Zurückfallen in oder Wiederaufleben von Verhaltensmustern, mit denen der Betroffene  gute Erfahrungen gemacht hat.  Wer sich mit dem  Naturell und Leben der Hildegard Block  befasst hat, versteht  warum bei ihr die freundlichen und unbeschwerten Seiten zum Vorschein kamen.  „Meine Mutter war immer für Späße zu haben. Sie war überall beliebt und gerne gesehen, weil sie so einen nette Art hat.  Das ist jetzt auch wieder da. Das Strahlen und das Lächeln.“, erklärt ihr Sohn.   Allerdings war sie nicht permanent in dieser „heilen Welt“.  In bestimmten Situationen tauchte sie wieder auf. Plötzlich schien sie wieder zu realisieren, was los ist.   Im Gespräch mit ihrem Sohn, wenn er sie an gemeinsame Erlebnisse erinnerte und Fotos zeigte, konnte sie erstaunlich klare Antworten geben.  Auch als ihr jüngster Bruder sie besuchte, hat sie ihm  zugerufen: „Da ist ja mein Norbert“. Als sei alle Demenz verflogen,  hätten die beiden Geschichten von damals herausgegraben.  Die meiste Zeit jedoch verharrte sie wie in Trance.

Zwischen März und September 2013, fanden wir die Bewohnerin bei jedem Besuch am Nachmittag auf dem Stuhl sitzend in ihrem Zimmer vor.  Die Zimmertür stand immer offen.  Sprach man sie an, war sie sofort da, lächelte und antwortete.  Aus eigenem Antrieb machte sie gar nichts mehr.  Auf dem Tisch standen immer mehrere Flaschen Mineralwasser.  Auch ein Glas mit Wasser stand dort.   Bis etwa September 2013  konnte sie noch selbst zum Glas greifen um etwas zu trinken. Jedoch tat sie dies nur  wenn sie daran erinnert wurde. In diesem Stadium würde jeder vor einem vollen Teller verhungern. Bei Frau Block  kam hinzu, dass sie feste Nahrung nicht abbeißen konnte, weil ihr die Schneidezähne im Oberkiefer fehlten und die übrigen Zähne bis an die Wurzel verfault, wackelig und schief im Mund standen.  Fragte man sie, wie es ihr geht, sagte sie „mir geht es gut“.   Ihr schien alles gleichgültig geworden.  Sie mochte auch nichts mehr Essen oder Trinken. Man musste ihr gut zureden, damit sie mehr als zwei kleine Schlückchen trank.  Ihr  Selbsterhaltungstrieb und Lebenswille schien gebrochen.  Bis auf kurze Phasen, wo man vielleicht hätte ansetzen können, hat sie alles über sich ergehen lassen.

Im August 2013 hat sich  der Pflege-SHV erstmals eingeschaltet

September 2013 BAm 14. September  2013, gelang es Joachim Block unbemerkt und ohne Begleitung ins Zimmer seine Mutter zu schleichen.  Wir kannten inzwischen die Zeiten im Spätdienst, zu denen oft weit und breit kein Personal zu sehen war.  “ Ich bin so  erschrocken, beim Anblick meiner Mutter. Die lag am späten Nachmittag schon im Bett und sah aus als läge sie im Sterben.“, berichtete er.  „Nur noch Haut und Knochen.  Und die Zähne. Sie lag mit halb offenem Mund, da konnte ich das ganze Ausmaß sehen.  Ich habe Fotos gemacht. ….  “  Siehe dazu auch:  Der liegt doch schon im Sterben.

Was daraufhin geschah, erfahen Sie aus Block-Besuchsverbot-Linzer Berg 17092013.

Am 23. September 2013, reichte der Pflege-SHV  Strafanzeige gegen den Betreuer und die Einrichtung ein.Block-Anzeige 23092013 – a
Diese Strafanzeige wurde kurz vor Ende der Jahresfrist,  mit Schreiben vom 19.September 2014, abgewiesen.  Block-Betreuungsgericht-Linz.a.R.-17092013
In der Begründung bezieht sich der Staatsanwalt im wesentlichen auf die Begutachtungen von  Heimaufsicht und MDK.  Eigene Überprüfungen wurden nicht angestellt.   Zeugen wurde nicht befragt.  Der Staatsanwalt hat alleine auf Grund der Aktenlage entschieden, die seit  Ende 2013 auf seinem Schreibtisch lag.  Dass Walter R, als Betreuer im März 2014 abgesetzt worden war, war ihm nicht bekannt.

Erst nachdem der Pflege-SHV  mit o.g.  Strafanzeige und diversen anderne Schreiben an alle möglichen Stellen mächtig Druck gemacht hat, erkennen die  für den schlechten Ernährungszustand und Zahnbefund  verantwortlichen die Notwendigkeit aktiv zu werden. Die konsultierten Zähnärzte bestätigen, was jeder Laie sieht, dass die Zähne der Frau Block nicht mehr zu retten sind und am Besten alle gezogen werden.  Dieser Eingriff wurde Ende Oktober 2013,  in der Zahnklinik in Bonn  durchgeführt. Der Sohn wird nicht informiert. Wir erfuhren davon im November 2013, als Frau Block  mit Lungenentzündung im Krankenhaus lag.

Die Heimaufsicht, die der Sohn im September 2013 schon zum dritten Mal angeschrieben hatte, kam im Schreiben vom 26.Nov.2013, zu folgendem Ergebnis: 

„Ihre vorgebrachten Punkte wurden durch die Beratungs- und Prüfbehörde nach dem LWTG geprüft. Es ergaben sich keine Anhaltspunkte, dass die Versorgung Ihrer Mutter in der in der Einrichtung nicht gewährleistet ist. Die Einrichtung wurde zudem zu einzelnen Punkten beraten.
Der Prüfdienst der privaten Pflegeversicherung (vgl. MDK) Ihrer Mutter überprüfte zudem ebenfalls die pflegerische Versorgung Ihrer Mutter.  Der Prüfdiest stellte dabei fest, dass die pflegerische Versorgung ihrer Mutter in der Einrichtung angemessen ist.
Hinsichtlich Ihres Besuchsrechts in der Einrichtung gehe ich davon aus, dass hier kein Handlungsbedarf mehr besteht. Sie können Ihre Mutter in der Einrichtung besuchen. Ich bitte Sie jedoch die Bedürfnisse Ihrer Mutter bie Ihren Besuchen zu Berücksichtigen.“

Angesichts der Schwere der Vorwürfe die nachweislich vorgelegen haben, macht die Heimaufseherin mit dem  letzten Satz  deutlich, dass Sie die Freiheitsberaubung und das dem Sohn zugefügte Leid nicht einmal Ansatzweise nachvollziehen kann.  Entsprechend konnte ich es mir nicht verkneifen darauf zu antworten: Block-Mail-an Heimaufsicht-03.12.13

Nach ihrer Entlassug war auf einmal das Besuchsverbot aufgehoben:   Besuch-Hildegard Block_22.11.13
Das Foto zeigt Frau Block nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Der Mund eingefallen, ausgemergelt, mehr tod als lebendig, entwickelt die Pflegedienstleiterin den Ehrgeiz, diese Bewohnerin wieder aufzupäppeln.  Warme Puddings, Grießbrei und ähnliches, werden ihr mit großen Löffeln in möglichst großer Menge eingetrichtert.  Angereichert zusätzlich noch mit hochkalorischem Pulver. Hauptsache viele Kalorien, damit sie wieder an Gewicht zulegt.  Nachdem ihr Sohn, der ja nun ungehindert zu seiner Mutter konnte, jedesmal darum bat, einen kleinen Löffel zu bringen, verschwand der große Löffel.   Joachim Block, hatte zu diHBlock-Dez2013esem Zeitpunkt immer noch die Hoffnung, seine Mutter in ein besseres Heim bringen zu können.

Noch im Januar 2014 stellt sich das Betreuungsgericht hinter den Betreuer und die Einrichtung. Block_AG-Linz_13012014   Im März wird Walter R. nicht nur von diesem Betreuungsfall abgezogen. Ihm wurden alle Betreuungen entzogen.  Zum Nachfolger wurde Berufsbetreuer K (Rechtsanwalt, pensionierter Richter) ernannt.   Der schriftlich Antrag des Bruders von Frau Block, die Betreuung zu übernehmen, wurde nicht einmal beantwortet, geschweige denn berücksichtigt.   Der Sohn, Joachim Block, wurde zu keiner Zeit gehört, ebensowenig wie die Zeugen, die er benannt hatte.  Nach wie vor blieb er vom Verfahren ausgeschlossen.  Es muss vermutet werden, dass dieser Berufsbetreuer gewählt wurde, damit die Angehörigen keinen Einblick in die Akte erhalten und nicht sehen, wie sich der Vorgänger, Walter R. zum Schaden der Betreuten agiert hat.  Der Sohn musst nach dem Tod seiner Mutter eine Anwältin einschalten, die die Herausgabe eines Großteils der Unterlagen über ein Klageverfahren durchgesetzt hat.  Walter R. ist abgetaucht.  Herr K. sein Nachfolger, hällt ebenfalls noch Unterlagen zurück.

Alle Bemühungen des Pflegeheimes, die Bewohnerin wieder aufzupäppeln kamen zu spät. Vielmehr führten diese dazu, ihr  Siechtum zu verlängert.  Dass  Hildegard Block ausgerechnet am Heilig Abend sterben konnte, hat dem Sohn ein wenig Trost gegeben.  Gleichsam einem Zeichen von oben, verbunden mit der Hoffnung auf ein himmliches Gericht, bei dem es gerechter zugeht und die Menschen zur Rechenschaft gezogen werden, die hier Schuld auf sich geladen haben.

Lesen Sie hier abschließend meine  Rückmeldung an die Heimaufsicht und übergeordnete Stellen, vom 07.Jan.2015: Fall Block-Korrespondenz Heimaufsicht

 

 

 

Empfehlenswerte Filmbeiträge zum Thema:

Entmündigung – Wenn Betreuung zum Albtraum wird    Mit dieser differenzierte und praxisnahte Dokumentation müsste sich jede Betreuungsrichter und Betreuer befassen, ebenso wie jeder der sich mit Vorsorgevollmacht befasst.